Als ich vor vielen Jahren das erste Mal bewusst mit dem Begriff Orga­ni­sa­ti­ons­ent­wick­lung in Berüh­rung kam, wirk­ten das Wort und das was sich für mich dahin­ter verbarg ganz schön groß. Zwischen­zeit­lich ist zwar die Bedeu­tung nicht klei­ner, gleich­zei­tig ist die Eintritts­bar­riere für meine Arbeit mit Orga­ni­sa­tio­nen mit zuneh­men­der Erfah­rung deut­lich nied­ri­ger gewor­den. Aus dem anfäng­lich etwas zöger­li­chen „Oh je, wo fang ich da am besten an?“ wurde ein freu­di­ges „Wann wollen wir anfangen?“

Hier möchte ich gern drei High­lights aus der Orga­ni­sa­ti­ons­ent­wick­lung teilen, die mich vor allem aufgrund ihrer guten Anwend­bar­keit sehr über­zeugt haben. Sie sollen dabei unter­stüt­zen, das Verhal­ten betei­lig­ter Perso­nen besser einord­nen und Initia­ti­ven genauer steu­ern zu können.

Triff sinn­volle Unter­schei­dun­gen in der Auftragsklärung

Das ist so trivial wie wirkungs­voll! Lautet die Anfrage beispiels­weise: „Wir müssen etwas an unse­rer Unter­neh­mens­kul­tur ändern, bitte helfen Sie uns dabei.“ ist es sehr wert­voll, über einfa­che Unter­schei­dun­gen heraus­zu­fin­den, aus welcher Moti­va­tion heraus dieser Verän­de­rungs­wunsch entstan­den ist:

„Befin­det sich Ihr Unter­neh­men gerade eher in einer Situa­tion der Sicher­heit oder Unsi­cher­heit?“ Wenn die Antwort hier lautet Unsi­cher­heit, ist eine nächste sinn­volle Unter­schei­dung: „Geht es darum, das Über­le­ben zu sichern, oder die Weiter­ent­wick­lung zu konzipieren.“

Eine weitere Unter­schei­dung, die den Charak­ter des Auftrags maßgeb­lich bestimmt, ist die Frage danach, ob es sich um eine Prozess­be­glei­tung oder die Erar­bei­tung eines Konzep­tes handelt. Agile Coaches haben häufig eine ganz eigene Idee davon, wie das orga­ni­sa­tio­nale Design die Unter­neh­mens­kul­tur prägt und prägen sollte. Wenn ein entspre­chen­des Konzept jedoch nicht vom Auftrag­ge­ber gewünscht ist, lässt sich eine Menge Ener­gie einspa­ren, die dann wiederum in die Gestal­tung und Beglei­tung des Prozes­ses einflie­ßen kann.

Noel Tichys Modell der Krise

Das Krisen­mo­dell von Noel Tichy dient in erster Linie der Refle­xion des aktu­el­len Umgangs mit schwie­ri­gen Situa­tio­nen. Es beschreibt die Verfüg­bar­keit rele­van­ter Infor­ma­tio­nen über das Ausmaß einer Krise im Zusam­men­hang mit der Wirt­schaft­lich­keit eines Unter­neh­mens. Während die einzel­nen Statio­nen – Stabi­li­tät, schwa­che Signale, starke Signale, Voll­bild der Krise, begin­nen­der Wandel, Konso­li­die­rung und zurück in die Stabi­li­tät — in diesem Verlauf nicht über­ra­schen dürf­ten, so ist die Betrach­tung eines Umstands im Zusam­men­hang mit diesem Modell aus meiner Sicht beson­ders wert­voll: Die inhä­rente Infor­ma­ti­ons­asym­me­trie zwischen Führungs­kräf­ten und Mitar­bei­tern sorgt dafür, dass es unter­schied­li­che Auffas­sun­gen darüber gibt, wo auf dieser Kurve ein Unter­neh­men sich aktu­ell befindet. 

Das wiederum kann dazu führen, dass bestimmte Verhal­tens­wei­sen oder Entschei­dun­gen anders einge­ord­net werden, als ursprüng­lich inten­diert. Das Wissen um diese Asym­me­trie hilft dabei, Krisen­kom­mu­ni­ka­tion zu mana­gen. Hilf­rei­che Fragen sind an dieser Stelle:

  • Woran erkenne ich, das eine Krise einge­tre­ten ist?
  • Woran erkenne ich, dass der Tief­punkt erreicht wurde?
  • Ist der Umgang in der Krise eher auto­ri­tär oder partizipativ?
  • Welche Stär­ken und welche Schwä­chen des Unter­neh­mens werden in der Krise verstärkt?

Um ein möglichst umfas­sen­des Bild zu bekom­men empfehle ich, diese Fragen aus verschie­de­nen Perspek­ti­ven, wie Mitarbeiter*in, Manage­ment oder Kund*in, zu beantworten.

Tipps zum Schei­tern in komple­xen Systemen

Abschlie­ßen möchte ich diesen klei­nen Exkurs mit fünf Dingen die ihr tun könnt, um mit der Arbeit in komple­xen Umge­bun­gen auf jeden Fall zu scheitern:

  1. Verzich­tet auf die Formu­lie­rung einer Absicht! Es wird dafür sorgen, dass die invol­vier­ten Perso­nen irgend­wann die Orien­tie­rung verlie­ren und genervt aufgeben.
  2. Doku­men­tiert alles! Und wenn es nur das eigene Schei­tern ist. Sicher ist sicher.
  3. Hört auf mitein­an­der zu spre­chen! Wenn niemand mehr mitein­an­der spricht steht alles wich­tige nur noch zwischen den Zeilen und das wird eh immer anders inter­pre­tiert als ursprüng­lich gemeint. Ein wahres As im Ärmel des Scheiterns.
  4. Schafft eine Kultur der Angst! Ausrei­chend Angst wird dafür sorgen, dass niemand mehr Lust hat, irgend­wel­che Ideen einzu­brin­gen. Alle werden nur noch Dienst nach Vorschrift machen und die ist ja glück­li­cher­weise gut doku­men­tiert und macht es darüber hinaus einfach, einen Schul­di­gen zu finden.
  5. Schot­tet euch ab! Die voll­stän­dige Isola­tion wird dafür sorgen, dass ihr weder an den aktu­el­len Entwick­lun­gen teil­ha­ben, noch das mensch­li­che Grund­be­dürf­nis nach Austausch und Weiter­ent­wick­lung befrie­di­gen könnt.

Soll­tet ihr einmal in die Verle­gen­heit kommen, das Gegen­teil bewir­ken zu müssen, so könnt ihr diese fünf Hinweise einfach auf den Kopf stel­len. Wenn ihr dabei gern Unter­stüt­zung hättet, so meldet euch bei uns.