Wie bitte? Ja, genau in diesem Artikel geht es nochmal um Metaphern, um genau zu sein um Ampeln und Kreisverkehre. In meinem letzten Beitrag haben wir uns genauer angesehen, warum es zum einen hilfreich sein kann, im Arbeitsalltag gezielt Metaphern zu nutzen, zum anderen was Organisationen mit dem Flugzeug und dem Fliegen gemein haben können.
Im Allgemeinen
Lasst uns in diesem Artikel zuerst die Ampeln und Kreisverkehre dieser Welt in ihrem eigentlichen Umfeld betrachten. Kreuzungen hatten natürlich nicht schon immer Ampeln. Am Anfang galt mehr oder minder das Recht des Stärkeren oder Schnelleren an einer Kreuzung. Mit der Zeit nahm der Verkehr zu und es wurden Stoppschilder eingeführt, zeitweise wurde der Verkehr an einer Kreuzung sogar von Polizisten gesteuert – eine eher teure Lösung. Mit der Einführung der Ampel wurde das Vorfahrtsrecht automatisch geregelt. In einer weiteren Entwicklungsstufe der Kreuzungen wurde der Kreisverkehr eingeführt. Durch den Kreisverkehr erlangten die Fahrzeugführer in einer sorgfältig gestalteten Umgebung wieder die Möglichkeit, selber zu bestimmen, wann sie fahren und wann sie anhalten.
Kurz zusammengefasst regeln Ampel und Kreisverkehre die Vorfahrtsregelung, sprich den Verkehrsfluss. Ein Kreisverkehr ermöglicht einen höheren Verkehrsfluss, geringere Wartezeiten und Unfälle für Fahrer und andere Verkehrsteilnehmer, sowie geringere Betriebskosten für Bund und Länder. Interessanterweise beschreibt Frederic Laloux in seinem Buch ‚Reinventing Organizations‘ eine vergleichbare Entwicklung von Organisationen von der Metapher des Wolfes, über das Militär, die Maschine und Familie bis hin zu lebenden Organismen.
In Organisationen
Wie lassen sich jetzt Ampeln und Kreisverkehre auf Organisationen übertragen? Im Prinzip ist das ganz einfach. „Ampel-Organisationen“ sind mit der „Militär-Organisationen“ von Frederic Laloux vergleichbar. Das System der Organisation muss jedem Mitarbeiter vermitteln, wann er was zu tun hat, daher muss jeder Mitarbeiter vorhersehbar reagieren (Vergleich: Losfahren und Anhalten an einer Ampel) — ganz ähnlich einer konformen „Command & Control“-Haltung.
„Kreisverkehr-Organisationen“ hingegen sind mit den evolutionären „Organischen-Organisationen“ von Frederic Laloux beschreibbar. Das System der Organisation überlässt den Mitarbeitern, selber zu entscheiden, wann sie etwas tun. Die Mitarbeiter beziehen ihr Umfeld innerhalb und außerhalb der Organisation in ihren Entscheidungsprozess mit ein. Dies erfordert sehr viel Situationsbewusstsein, also eine klare Sichtbarkeit der übrigen Tätigkeiten innerhalb der Organisation. Neben dem Situationsbewusstsein sind „Kreisverkehr-Organisationen“ besonders Verantwortung und Autonomie, die den Mitarbeitern gewährt wird, geprägt.
Innerhalb von Organisationen ist der Verkehrsfluss und die Vorfahrtsregelung mit der Priorisierung und Selbstbestimmung der Arbeit vergleichbar. Kreisverkehre selber und die Metapher für die Selbstbestimmung innerhalb einer Organisation sind nicht neu. Gleichzeitig hat sich in den letzten Jahren vieles auf technologischer Seite getan. Moderne Softwarelösungen ermöglichen es nun, das notwendige Situationsbewusstsein über die Grenzen von ein paar hundert Mitarbeitern bis zu tausenden von Mitarbeitern hinaus zu schaffen. Kollaborationssoftware ermöglicht die reibungslose Zusammenarbeit über die Grenzen des Büros oder nationale Standorte hinaus, sowie Transparenz über die bisher erbrachten Arbeiten und die geplanten Arbeiten. Mitarbeiter können sich somit selber einen Überblick über getroffene Entscheidungen und Arbeitsfortschritte verschaffen und selbstständig ihre Arbeitspakete planen.
Herausforderungen von Kreisverkehren in Organisationen
Hier stellen sich einige wichtige Fragen: Wie sind aktuell die Vorfahrtsregeln und damit der Verkehrsfluss innerhalb meiner Organisation geregelt? Wohin ist meine Organisation aktuell unterwegs? Klar ist, dass das selbstbestimmte Arbeiten andere Fähigkeiten der Mitarbeiter stärker benötigt. Gleichzeitig ist es wichtig das System innerhalb der Organisation umzustellen, damit Mitarbeiter eine klare Sicht auf die Aktivitäten der Kollegen haben. Dieses Situationsbewusstsein ist zwingend notwendig, um Mitarbeitern Verantwortung und Autonomie für ihre Entscheidungen zu geben, damit sie durch niemanden beeinflusst werden. Und schließlich muss das Führungsteam in der Lage sein die Zügel loszulassen.
Eine Organisation muss sich also erst über seine aktuelle Situation bewusst sein, ein klares Bild haben, wohin die Reise gehen soll, um dann in der Lage zu sein zu entscheiden, was wie schrittweise getan werden soll. In der Umsetzung kommt es dann auf zwei wichtige Bausteine an. Zum einen auf das gewählte Modell des Verkehrsflusses und zum anderen den Aufbau von Fähigkeiten zum selbstbestimmen autonomen Arbeiten unter den Mitarbeitern.
Falls ihr euch auf eine solche Reise begeben wollt, freuen wir uns sehr darauf, mit euch über eure ganz persönlichen Herausforderungen zu sprechen!