So wie es für viele Deutsche selbstverständlich ist, ihre Einkäufe mit Bargeld zu bezahlen, so ist es für die meisten von uns auch eine Selbstverständlichkeit, täglich ins Büro zugehen und dort den Großteil der Woche zu verbringen. Ich frage mich, muss das wirklich sein? Ich bin kein Zukunftsforscher und treffe daher auch keine fundierten Vorhersagen, ob der COVID-19 Erreger das Bargeld Zahlungsverhalten der Deutschen verändern wird (fingers-crossed, I hope it does) oder nicht. Vielmehr möchte ich diesen Beitrag dazu nutzen, meine persönlichen Gedanken und Fragen zum „Büro von Morgen“ zu teilen.
Schon in den letzten Jahren ist es in vielen Büros gängig geworden, die Arbeitsatmosphäre mit Tischtennisplatten, Tischkicker oder dem bezahlten Abendessen durch den Chef zu beeinflussen. Ein „Arbeits“-Campus mit Fitnessstudio, Friseur, Einkaufsladen und vielem mehr, ist nicht mehr nur im Silikon Valley zu finden. Was können wir daraus lernen und wie können wir das Morgen unseres Büroalltags noch weiter gestalten?
Das Büro ist nicht der einzige Ort an dem gearbeitet wird
Die Bürogebäude prägen seit fast 200 Jahren unser Stadtbild überall auf der Welt. Doch dieses Bild ändert sich meiner Meinung nach gerade. Der klassische Büroschreibtisch, wie wir ihn bisher kennen, wird vermutlich in der Zukunft nicht mehr den gleichen Stellenwert haben.
Warum sollte ich auch als Arbeitnehmer 30 bis 60 Minuten pro Wegstrecke zum Büro fahren, wenn ich die gleiche Arbeit auch von zu Hause aus erledigen kann? Für den Traumjob muss ich damit nicht mehr zwangsweise pendeln oder sogar umziehen. Wenn wir auch in Zukunft mehr und mehr von zu Hause aus oder von unterwegs arbeiten wollen, dann kann ein Unternehmen eigentlich nur noch wettbewerbsfähig auf dem Arbeitsmarkt sein, wenn es flexible Arbeitszeit- und Home-Office-Pakete anbieten kann. Mehr und mehr Termine finden komplett remote statt und benötigen keine Präsenz mehr im physischen Büro.
Womöglich wird sich in manchen Regionen der Gegentrend zum Urbanen verstärken. Das Leben und Arbeiten auf dem „Land“ wird durch flexible Arbeitszeiten und die Möglichkeit zum Homeoffice wieder an Attraktivität gewinnen.
Das Büro ohne Schreibtische
Wenn wir nun durch die eben beschriebene Veränderung viele der heutigen Schreibtische nicht mehr täglich benötigen, dann brauchen wir auch die Gebäude nicht mehr, in denen diese stehen – auf jeden Fall nicht mit dem bisherigen Zweck, der Dreh- und Angelpunkt für Teams zu sein. Das Büro als erworbene Immobilie oder mit langem Mietvertrag wird dadurch jedoch nicht automatisch zu einer finanziellen Belastung, vielmehr bietet sich die Möglichkeit über eine alternative Nutzung nachzudenken. Desk-Sharing ist schon seit geraumer Zeit eine Lösung dafür. Das Büro in Begegnungs- oder Veranstaltungsorte im Arbeitskontext umzuwandeln, hingegen noch nicht. Diese Idee würde Einzelbüros verschwinden und Großraumbüros in weitläufige Kollaborationsflächen umwandeln lassen.
Durch den geringeren täglichen Bedarf an Bürofläche könnten Standorte verkleinert oder sogar zusammengelegt werden. Es bieten sich dadurch für alle ganz neue Möglichkeiten, die freiwerdenden Flächen in Top-Innenstadtlagen zu nutzen.
Work-Life-Balance erlebt seinen zweiten Frühling
Die letzten 10 Jahre hat uns der Begriff „Work-Life-Balance“ durch täglich neue Tipps von Journalisten, New Work Vertretern und Veränderern Woche für Woche begleitet. Den Arbeitgebern wurde dabei teilweise vorgeworfen, nicht genug für den Zeitausgleich der Arbeitnehmer anzubieten.
Die vorgeschlagene Zusammenlegung von Arbeit und Leben im Homeoffice würde dazu beitragen, dass der Begriff eine neuerliche journalistische Renaissance erleben wird. Das Internet wird sich womöglich täglich mit Tipps über früher aufstehen, um vor dem morgendlichen Familienstress schon erste Arbeiten erledigt zu haben, oder Bewegungspausen nehmen, um den möglichen Rückenschmerzen vorzubeugen, selbst übertreffen. Die ersten Anzeichen dazu erleben wir schon jetzt.
Neben den genannten Themen gibt es noch viele weitere interessante Aspekte zum Thema Zukunftsarbeitsplatz zu beleuchten. Fragen, wie zum Beispiel der Arbeitgeber gesetzliche Anforderungen aus dem Arbeitszeitgesetz oder aus dem Arbeitsschutz gerecht werden kann, erhalten dabei eine ganz neue Relevanz.
Oder alles kommt doch anders und es wird wieder wie früher – früher war ja sowieso alles besser.