23. Oktober 2020

Knoten­an­ek­do­ten – Gegen den (Uhrzeiger-)Sinn

Was wir gelernt, worüber wir gelacht und was wir verges­sen haben – und was wir ganz bestimmt nicht noch­mal machen. Jeden Frei­tag frisch aus dem Berli­ner Büro. 

Falls ihr es nicht mitbe­kom­men habt: Die Zeit wird am Sonn­tag umge­stellt. Oder zumin­dest die Uhren. Die meis­ten haben das sicher­lich mitbe­kom­men, schließ­lich beglü­cken uns bereits die ganze Woche sämt­li­che Medien und Service­bei­träge mit der jedes Jahr aufs Neue hoch­bri­san­ten Frage: Wird die Uhr jetzt vor oder zurück gestellt. 

Erst einmal: Sie wird natür­lich eine Stunde zurück­ge­stellt. Wie immer. (Klei­ner Service am Rande: In spring, time springs forward, in fall it falls back.) Ja, es ist wirk­lich jedes Jahr gleich. Außer im Früh­jahr 2020, noch gar nicht so lange her. Da gab es diese halb­jähr­li­chen Copy-Paste-Zeit­um­stel­lungs-Arti­kel nämlich ausnahms­weise nicht. Denn am Sonn­tag, den 29. März, schlit­ter­ten wir gerade in die frist­lose Kontakt­be­schrän­kung und spra­chen über Lock­downs und Klopa­pier. Darüber, ob Arbei­ten im Home Office funk­tio­nie­ren kann und über Isola­tion. System­re­le­vante Berufs­grup­pen wurden noch eifrig beklatscht. Die Zeit­um­stel­lung haben viele von uns erst bemerkt, als die Stunde auf einmal weg war.

Verän­de­rung muss nicht bewer­tet werden

Dann der Sommer, diese kleine amour fou, in der einige kurz aufat­men konn­ten, drau­ßen sein, sich an die neuen Arbeits­ver­hält­nisse und das Tragen von Mund- und Nasen­schutz gewöh­nen. Die Nach­rich­ten began­nen nicht jeden einzel­nen Tag mit den neuen Infek­ti­ons­zah­len. Dieser Sommer ist vorbei und sehr viele Menschen leben wieder und immer noch in Sorge.

Wir sind keine Virologie*innen und auch keine Politiker*innen und können deshalb nichts prognos­ti­zie­ren. Wollen wir auch nicht. Wir sind Coaches und Berater*innen und beglei­ten Orga­ni­sa­tio­nen bei Verän­de­rungs­pro­zes­sen. Mit dieser Brille blicken wir also auf Verän­de­run­gen. Wir wissen, dass Verän­de­run­gen dyna­misch sind und nicht linear. Dass es unmög­lich ist, Verän­de­rung zu vermei­den und möglich, sie zu beein­flus­sen: Über die Arbeit im Team, an Prozes­sen, an uns selbst. Immer wieder beto­nen wir, dass es verschie­dene Perspek­ti­ven auf Verän­de­rung gibt und wir unsere eige­nen wech­seln können – und sollten.

Verän­de­run­gen lassen sich beob­ach­ten ohne dass sie sofort bewer­tet werden müssen. Die Zeit­um­stel­lung jetzt im Herbst wieder auf dem Schirm zu haben, heißt nicht, dass die soge­nannte neue Norma­li­tät jetzt tiptop in Schuss ist und genauso wenig, dass wir alle verant­wor­tungs­los und igno­rant gewor­den sind. Es ist schlicht eine Verän­de­rung in der Wahr­neh­mung, die aus einem Lern­pro­zess mit der neuen Situa­tion heraus gewach­sen ist. Ähnlich wie die Gewöh­nung an das kleine Fens­ter mit dem eige­nen Gesicht unten rechts im Bild­schirm bei remote Meetings oder den Ellbo­gen-Check anstelle von Umarmungen. 

Norma­li­tät ist eine Inter­pre­ta­ti­ons­frage. Zeit übri­gens auch. Sie ändert sich nicht, was sich ändert, ist unsere Numme­rie­rung ihrer Einhei­ten. Was sich verän­dert, ist unser Rhyth­mus. Und unser Umgang mit den Dingen. Die Moral von der Geschichte? Gibt’s nicht. Wir müssen nicht alles bewerten.

Wenn ihr euch mehr mit Verän­de­rungs­pro­zes­sen, Perspek­tiv­wech­sel und Inner Work ausein­an­der­set­zen möch­tet: Für unser Ausbil­dungs­pro­gramm zum Syste­mi­schen Agile Coach sind noch freie Plätze verfüg­bar. Bei Fragen und Inter­esse kontak­tiert uns gerne. 

16. Oktober 2020

Knoten­an­ek­do­ten – Was wir aus Sorgen lernen können

Was wir gelernt, worüber wir gelacht und was wir verges­sen haben – und was wir ganz bestimmt nicht noch­mal machen. Jeden Frei­tag frisch aus dem Berli­ner Büro. 

Auch wenn es niemand hören möchte: die Zahlen stei­gen. Wir wissen schon, welche. Wir wissen, was das heißt. Weni­ger Gewiss­heit, weni­ger Kontakt, mehr Sorge. Um den Job, die Gesund­heit, die Auftrags­lage, die Fami­lie. Wie mit den meis­ten Umstän­den gibt es verschie­dene Wege, mit der Sorge umzu­ge­hen. Und natür­lich gibt es verschie­dene Arten der Sorge und verschie­dene Haltun­gen dazu. 

In der syste­mi­schen Arbeit operie­ren wir viel mit Perspek­tiv­wech­seln. Eine Möglich­keit, die Perspek­tive zu verän­dern, ist über das Spre­chen. Ein Expe­ri­ment: Wie fühlt es sich an, sich Sorgen zu machen versus in Sorge zu sein? Ein entschei­den­der Unter­schied ist mit Sicher­heit, dass viele Menschen sich oft gegen­sei­tig empfeh­len, sich mal keine Sorgen zu machen, während ein “Sei nicht in Sorge” nicht nur wegen der Alter­tüm­lich­keit der Gram­ma­tik schwe­rer über die Lippen geht. Sorgen können hand­ge­macht oder auch gege­bene Zustände sein. Das vorn­weg: Sorgen sind ernst zu nehmen, wenn auch nicht bedin­gungs­los. Wie lässt sich also mit dieser Art von Zustand arbeiten? 

“Es gibt unter­schied­li­che Gefühle, die in gewis­ser Hinsicht die Wirk­lich­keit ausblen­den: die Liebe, die Hoff­nung und auch die Sorge. Mit der Sorge kommt die Blind­heit. Die Welt um einen herum verschwin­det. Es regie­ren nur noch die inne­ren Dämo­nen”, beschreibt die Philo­so­phin Caro­lin Emcke den Mecha­nis­mus der Sorge. Das heißt, dass Sorge zwar berech­tigt sein kann und gleich­zei­tig nicht konstruk­tiv sein muss. 

Fürsorge bedeu­tet Commitment 

Dann gibt es da noch eine kleine, sprach­lich simple Erwei­te­rung der Sorge und das ist die Für-Sorge. Niemand kann Sorgen einfach wegpus­ten, während es durch­aus möglich ist, sie zu einem ein sinn­vol­le­ren Gerüst zu gestal­ten. Die Fürsorge verlangt als Konzept eine multi­per­spek­ti­vi­sche Haltung: Sie greift für andere, für sich selbst, für konkrete Menschen oder eine Allge­mein­heit. Alle von uns können sie ihren Möglich­kei­ten und Kompe­ten­zen entspre­chend einset­zen und sich so aus einer gefühl­ten Ohnmacht, dem abso­lu­ten Nähr­bor­den für Sorge, lösen.

Bei all den Werten, die im beruf­li­chen Kontext genannt werden, steht Fürsorge oft eher im Hinter­grund. Sie gilt als privat. Man sorgt für seine Kinder, Eltern, Partner*innen und nicht unbe­dingt für die Kolleg*innen. Dabei kann Fürsorge auch anders in Erschei­nung treten als in Form von Hühner­suppe. Mit der Frage nach dem Befin­den zum Beispiel, mit Raum zum Gehört­wer­den, mit neuen oder wieder aufge­nom­men Ritua­len oder tägli­cher Checkin-Fragen. Fürsorge bedeu­tet auch Verbind­lich­keit und Commit­ment – Werte, die den meis­ten Orga­ni­sa­tio­nen als Prio­ri­tät bekannt sind. 

2. Oktober 2020

Knoten­an­ek­do­ten – Von Lerchen und Eulen im Büro

Was wir gelernt, worüber wir gelacht und was wir verges­sen haben – und was wir ganz bestimmt nicht noch­mal machen. Jeden Frei­tag frisch aus dem Berli­ner Büro

“Morgens kann man mich verges­sen”, sagte die eine Kolle­gin mal. Ein ande­rer Kollege wird oft ab 16 Uhr unru­hig. Manche Menschen krie­gen morgens rich­tig produk­tiv alles erle­digt, hängen nach­mit­tags durch und fahren dann abends noch­mal rich­tig hoch und pulvern eine Idee nach der nächs­ten raus. Und natür­lich sind diese Rhyth­men nicht nur von Mensch zu Mensch unter­schied­lich, sondern oft auch bestimm­ten Phasen unter­wor­fen. Was können wir mit solchen Ansa­gen nun anfangen?

Zual­ler­erst sind sie wich­tige Infor­ma­tio­nen, wenn wir sensi­bel und sinn­voll mitein­an­der arbei­ten wollen. Ist eine Anfrage drin­gend, hat die Kolle­gin morgens eben Pech – und die Person, die die Anfrage an sie stellt, leider auch. Trotz­dem handelt es sich dabei immer nur um Tenden­zen. Die aller­meis­ten von uns können – und müssen – ohne­hin auch außer­halb ihrer Lieb­lings­zei­ten liefern. Mit diesem Hinter­grund­wis­sen haben wir dann die Möglich­keit, gemein­same Zeiten zu finden für verschie­dene Anlie­gen. Wir können uns entspre­chende auftei­len oder auch krea­tive Aufga­ben von solchen lösen, die eher statisch sind. 

Unser Orga­nis­mus beein­flusst Zeit und Ressourcen 

Viel­leicht kommt nun bei dem einen oder der ande­ren der innere Einwand auf, dass solche Abstim­mun­gen ganz schön kompli­ziert seien. Klar, es erfor­dert ein wenig Beden­ken und Rück­sicht­nahme und ist sicher­lich nicht immer möglich. Gleich­zei­tig spart es Zeit und Ressour­cen, wenn wir dann arbei­ten können, wenn unser Orga­nis­mus auf unse­rer Seite ist. 

Die klas­si­sche Beschäf­ti­gungs­welt, in der wir uns seit Jahr­zehn­ten befin­den, sieht solche indi­vi­du­el­len Präfe­ren­zen nicht vor. Die gege­be­nen Struk­tu­ren zu hinter­fra­gen scheint vielen von uns undenk­bar. Und natür­lich geht es hier nicht darum, Kolleg*innen dazu zu zwin­gen, abends um 22 Uhr zu einem Meeting zusam­men­zu­sit­zen. Das glei­che morgens um 9 Uhr zu tun, scheint aber völlig legi­tim. Ist es auch – nur viel­leicht eben nicht in jeder Situa­tion die sinn­vollste Variante. 

Entspre­chend unse­rer Bedürf­nisse und Rhyth­men arbei­ten zu können, hilft uns grund­sätz­lich dabei, ein Gefühl von Sinn­haf­tig­keit in unse­rem Tun und Aner­ken­nung unse­rer Person zu erle­ben. Und dafür lohnt sich doch viel­leicht der Versuch, den oder die Kollegen*in einfach mal zu fragen, zu welcher Zeit er oder sie eigent­lich am krea­tivs­ten ist. 

25. September 2020

Knoten­an­ek­do­ten – Wenn wir uns beim Zuhö­ren zuschauen können

Was wir gelernt, worüber wir gelacht und was wir verges­sen haben – und was wir ganz bestimmt nicht noch­mal machen. Jeden Frei­tag frisch aus dem Berli­ner Büro.

Ich sehe was, was du nicht siehst und das ist dein Gesicht, wenn du mir zuhörst. Während man sich selbst reden hört, sieht man sich dabei nicht. Klingt trivial, ist aber sehr inter­es­sant, wenn man bedenkt, dass bei einem Gespräch face-to-face beim Gegen­über sowohl die Augen als auch die Ohren glei­cher­ma­ßen arbeiten.

Am Tele­fon oder im (video­freien) Team­call ist es wesent­lich schwie­ri­ger, zu iden­ti­fi­zie­ren, ob jemand zuhört. Und wie. So gibt es zum Beispiel Modelle, laut denen domi­nante Perso­nen ihr Gegen­über beim Spre­chen anse­hen und beim Zuhö­ren nicht. Ein weite­rer wich­ti­ger Bestand­teil in vis-à-vis Gesprä­chen ist außer­dem ein Phäno­men, das die Psycho­lo­gie Mimi­kry nennt – also wenn wir andere Menschen unbe­wusst und auto­ma­tisch nach­ah­men. Dazu gehört verbale, emotio­nale und verhal­tens­be­zo­gene Nach­ah­mung und die Mimi­kry von Gesichts­aus­drü­cken. Viele Menschen kennen zum Beispiel den Mecha­nis­mus, im Gespräch die Gestik, bestimmte Wörter oder sogar Dialekte der ande­ren Person zu übernehmen. 

Der auto­ma­ti­sche Perspektivwechsel

Wenn wir bewusst zuhö­ren, verset­zen wir uns in andere hinein, wech­seln fast auto­ma­tisch unsere Perspek­tive. Hören wir dann auch noch mit dem soge­nann­ten Du-Ohr zu statt mit dem Ich-Ohr, lassen wir den Blick und die Rele­vanz der Sache für den oder die andere auf uns wirken statt selbst­re­fe­ren­zi­ell und erwar­tungs­ge­steu­ert zuzuhören. 

Dieses ganz­heit­li­che Zuhö­ren ist nicht nur deshalb hilf­reich, weil sich der oder die Spre­chende wohl und gehört fühlt, sondern redu­ziert auch dras­tisch die Gefahr von Konflik­ten und Miss­ver­ständ­nis­sen. Nicht umsonst beto­nen wir als Bera­tende immer den Teil des agilen Mani­fests, Themen nicht im Team­chat, sondern persön­lich zu bespre­chen, wenn es irgend­wie geht. Und wenn nicht, die Video­ka­mera einzuschalten.

Einfach ausge­drückt: Die Schwie­rig­keit, zwischen den Zeilen zu lesen, fällt weg, wenn es keine Zeilen gibt, sondern gespro­chene Worte. Selbst­ver­ständ­lich tragen auch die einen Inter­pre­ta­ti­ons­spiel­raum mit sich. Gleich­zei­tig unter­schät­zen viele Menschen, wie gut sie eigent­lich daran sind, Fein­hei­ten und nonver­bale Signale zu deuten. Die meis­ten Fehl­ein­schät­zun­gen entste­hen eher aus Situa­tio­nen, die nicht erwar­tungs­kon­form ablau­fen und deshalb ratio­nal umge­deu­tet werden. 

Ein riesi­ger Vorteil, mit dem ganzen Körper zuzu­hö­ren und zu spre­chen, sind die Ressour­cen, die entste­hen, wenn unser komplet­ter Orga­nis­mus mitar­bei­tet und somit eine Entlas­tung der rein kogni­ti­ven Kapa­zi­tä­ten. Ein Lächeln können wir nämlich wesent­lich akku­ra­ter inter­pre­tie­ren als ein Emoji. 

18. September 2020

Was Frauen besser können als Männer

Was wir gelernt, worüber wir gelacht und was wir verges­sen haben – und was wir ganz bestimmt nicht noch­mal machen. Jeden Frei­tag frisch aus dem Berli­ner Büro. 

Hallo, Guten Tag. Hier geht es natür­lich nicht um irgend­wel­che Männer, die nicht zuhö­ren, dafür aber fabel­haft einpar­ken können, das wäre ja sowas von 2001.  Hier geht es um das, was ihr dach­tet von der Sekunde an, als ihr diesen Arti­kel ange­klickt bis zu der, in der die Erwar­tung gebro­chen wurde. Es ist hier völlig egal, was Frauen besser können als Männer, die inter­es­san­tere Frage ist, was in unse­ren Köpfen passiert, sobald wir diesen oder andere Sätze lesen. Und in unse­ren Brust­kör­ben. Genug­tu­ung, Ärger, Unglaube, Über­ra­schung? Denken wir gleich an Wärme, Pflege, Kommu­ni­ka­tion? Oder ans Auto­fah­ren? An Unter­neh­mens­füh­rung? Auch wenn es sicher­lich über­schnei­dende Tenden­zen gibt, werden viele von euch die Head­line indi­vi­du­ell beant­wor­tet haben, ganz unbe­wusst.
 
Vermut­lich denken viele von uns in bestimm­ten Frage­stel­lun­gen, die irgend­wie mensch­li­che Grup­pen, Tätig­kei­ten oder Orte beschrei­ben an sehr ähnli­che Dinge und manche eben ganz andere. Für die heutige Kolumne ist nicht rele­vant, welche Zuschrei­bun­gen nun inhalt­lich korrekt oder mora­lisch ange­mes­sen sind. Die Frage dürft ihr euch gerne selbst stel­len. Fakt ist, dass alle Menschen über Erwar­tun­gen und Zuschrei­bun­gen ihren Alltag navi­gie­ren. Ich erwarte, dass der Bus dann kommt, wenn er laut Plan kommen soll. Ich erwarte als Berliner*in auch, dass der oder die Fahrer*in vermut­lich weni­ger höflich sein wird. Ich erwarte, dass der Bus um 17 Uhr voll sein wird und die alte Person erwar­tet, dass ich aufstehe und erwar­tet gleich­zei­tig, dass ich es nicht tue, weil die Leute heut­zu­tage keine Manie­ren mehr haben. 

Erwar­tun­gen sind geographisch 

Somit ist eine unauf­re­gende Tätig­keit wie Busfah­ren schon­mal bela­den mit Erwar­tun­gen, auch solchen, die aufein­an­der­pral­len und in den seltens­ten Fällen laufen sie bewusst ab. Diese Erwar­tun­gen und Zuschrei­bun­gen können gebro­chen werden, zum Beispiel, wenn der Bus zu spät kommt, die Fahre­rin (oder der Fahrer, aber wir brechen ja gerade Erwar­tun­gen) extrem freund­lich ist, trotz Feier­abend fast niemand drin sitzt und wenn doch, jemand für die alte Person aufsteht und deren Erwar­tun­gen somit gleich­zei­tig erfüllt und gebro­chen wurden. Das verzeich­nen wir dann vermut­lich als Ausnahme und wundern uns nicht groß, wenn am nächs­ten Tag alles wieder ist wie gehabt.  

Gleich­zei­tig sind all diese Erwar­tun­gen gekop­pelt an geogra­phi­sche, kultu­relle und soziale Selbst­ver­ständ­lich­kei­ten. Leute, die neu nach Berlin kommen, regen sich gerne über die Fahrer*innen auf, andere sind verwirrt von der Pünkt­lich­keit und Häufig­keit der Busse, andere irri­tiert über die Art und Weise, wie Leute in den Bus ein- und ausstei­gen. Dass Erwar­tun­gen Erwar­tun­gen sind und keine Fakten, fällt uns meis­tens dann auf, wenn wir in irgend­ei­ner Form die Perspek­tive wech­seln. Sie sind beschaf­fen aus verschie­de­nen Fakto­ren wie Erfah­rung, Über­zeu­gung, Erlern­tem und oft auch Erwünsch­tem. Sie prägen Verhal­ten und Spra­che und werden gleich­zei­tig von diesen geprägt. 

Arbeit mit der eige­nen Landkarte

Um als Team die Fähig­kei­ten aller zu entde­cken und gemein­sam neue Ideen zu entwi­ckeln, ist es extrem hilf­reich, sich der eige­nen Erwar­tun­gen und Zuschrei­bun­gen (auch derer an sich selbst übri­gens) bewusst zu werden. Darun­ter fällt auch die Arbeit mit der eige­nen Land­karte – denn alle Menschen tragen so etwas wie eine kollek­tive und auch eine indi­vi­du­elle Land­karte in sich. Die beiden mit inne­rer Arbeit grob ausein­an­der zu diffe­ren­zie­ren ist sehr nütz­lich für das Finden der eige­nen Posi­tion, also die Haltung, mit der wir durchs Leben gehen. 

In manchen Fällen kann es sinn­voll sein, mit Erwar­tungs­wer­ten zu kalku­lie­ren. Und zwar immer dann, wenn es nütz­lich ist, Komple­xi­tät und Indi­vi­dua­li­tät zu redu­zie­ren. Dabei müssen wir uns im Klaren sein, dass der Erwar­tungs­wert nicht nur statis­tisch betrach­tet ein theo­re­ti­scher ist. Wenn wir wirk­lich etwas wissen und erfah­ren wollen, empfiehlt sich eher ein Perspek­tiv­wech­sel und eine indi­vi­du­elle Betrach­tung – und zwar nicht nur der beob­ach­te­ten Sache oder Person sondern mit mindes­tens genauso viel Aufmerk­sam der Blick auf sich selbst. Sozu­sa­gen der Blick auf den eige­nen Blick. 

11. September 2020

Knoten­an­ek­do­ten – Was man glau­ben kann

Was wir gelernt, worüber wir gelacht und was wir verges­sen haben – und was wir ganz bestimmt nicht noch­mal machen. Jeden Frei­tag frisch aus dem Berli­ner Büro. 

Manche glau­ben, was sie sehen und andere trauen ihren Augen nicht. Glau­ben kann vieles bedeu­ten, trauen auch. Auch wenn’s nahe liegt, das hier wird kein reli­giö­ses Trak­tat. Gleich­zei­tig haben die Begriffe wie Glau­ben selbst­ver­ständ­lich eine christ­li­che Tradi­tion. Das Glei­che gilt auch für Liebe, Hoff­nung und Verzeihen. 

Der Glaube ist stark mit einer spiri­tu­el­len Geschichte verknüpft und wird deshalb außer­halb von derar­ti­gen Diskus­sio­nen (die übri­gens rela­tiv häufig mit Wein korre­lie­ren, sei’s am Altar oder am Feier­abend in der Küche oder im Büro) selte­ner behan­delt. Und trotz­dem taucht Glau­ben im alltäg­li­chen Sprach­ge­brauch unglaub­lich häufig auf. “Ich glaube, ich gehe jetzt.” Oder: “Ich glaube, es ist halb drei.” Oder, zur Zeit vermehrt: “Ich glaube nicht an Viren.” (Hä?) “Ich glaube, da geht noch mehr.” Okay, weiter. “Glaubst du mir?” Oder auch: “Glaube nieman­den, der [setzen Sie hier gerne irgend­et­was ein, das Ihnen gut passt.]” Und auf einmal klingt das Ganze gar nicht mehr so spirituell. 

Dennoch riecht Glau­ben irgend­wie immer noch ein biss­chen nach Weih­rauch oder Verschwö­rungs­ideen, weshalb wir gerade im Berufs­all­tag schein­bar lieber mit den Wörtern Über­zeu­gung oder Einschät­zung operie­ren. Viel­leicht sogar dann, wenn wir glau­ben meinen. Das ist natür­lich nicht verbo­ten und doch hilft eine gewisse Präzi­sion und Kennt­nis der eige­nen sprach­li­chen und emotio­na­len Land­karte, um klar zu kommu­ni­zie­ren und Miss­ver­ständ­nisse zu reduzieren. 

Glaube getarnt als Wissen

Über­zeu­gun­gen und Einschät­zun­gen sind sicher­lich mit Glau­ben verwandt, sie trans­por­tie­ren aber eine Idee von Mess­bar­keit. Man schätzt ein Projekt anhand von Erfah­rungs­wer­ten, Prädik­to­ren und Erfolgs­chan­cen ein, man über­zeugt andere mit Argu­men­ten, Bewei­sen, notfalls mit Druck. Glau­ben funk­tio­niert anders. Er fühlt sich oft abso­lu­ter an Über­zeu­gung oder Einschät­zung. Oft sehr ähnlich wie Wissen. Nur, dass Wissen falsi­fi­zier­bar ist und Glaube nicht. Das macht ihn stabi­ler als Wissen und auch unflexibler. 

Klar ließen sich jetzt tausend Beispiele herbei­füh­ren, in denen das zum Problem wird. Situa­tio­nen, in denen Menschen sich nicht von Tatsa­chen beir­ren lassen und immer weiter den eige­nen Glau­ben als Wissen tarnen. Wir suchen ja immer das Gute am Problem. Nehmen wir mal den bedeu­tungs­schwe­ren Satz “Ich glaube an dich.” Viel­leicht stellt ihr euch kurz vor, wie sich das anfühlt, diesen Satz zu hören.

Gibt es einen Unter­schied zu “Ich bin über­zeugt, dass du das kannst”? Oder zu “Ich weiß, dass du das schaffst”? Wahr­schein­lich schon. Erstens sind Über­zeu­gun­gen und Einschät­zun­gen sehr konkret und an diffe­ren­zier­bare Fähig­kei­ten oder Eigen­schaf­ten gekop­pelt. An jeman­den Glau­ben ist ganz­heit­li­cher. Und Über­zeu­gun­gen und Einschät­zun­gen sind Wahr­schein­lich­keits­rech­nun­gen, also immer mit einer Fehler­wahr­schein­lich­keit behaf­tet. Sie sind falsi­fi­zier­bar. Wenn jemand an eine Person glaubt, ist es fast egal, wie viele Versu­che sie am Ende braucht, um dieses oder jenes zu schaf­fen. Das Glei­che gilt für dieje­ni­gen, die an sich selbst und ihre eige­nen Ideen glau­ben. Über die konkrete Ausfüh­rung lässt sich da viel­leicht disku­tie­ren, im Kern bleibt eine sehr stabile Kraft. 

Wie gesagt, das hier ist kein Pamphlet für Glau­ben ins Blaue rein. Viel­leicht aber eins für genaue Blicke auf die Spra­che, die wir gebrau­chen, um ehrlich und wirk­sam mit uns selbst und mit ande­ren zu arbeiten. 

Wer mehr über Spra­che und Wirk­sam­keit hören möchte – das Ganze gibt’s auch live als Training.

4. September 2020

Knoten­an­ek­do­ten – Was wir an Norma­li­tät brau­chen und was nicht

Was wir gelernt, worüber wir gelacht und was wir verges­sen haben – und was wir ganz bestimmt nicht noch­mal machen. Jeden Frei­tag frisch aus dem Berli­ner Büro (und derzeit aus dem Homeoffice)

Erin­nert sich eigent­lich jemand an den letz­ten Tag, an dem alles “normal” war? Also, den letz­ten rich­tig gewöhn­li­chen Tag vor Home­of­fice, Kurz­ar­beit und Unruhe im Bauch? Dieser Tag, der vermut­lich grob über den Daumen ein halbes Jahr her sein müsste? Nee? Wir auch nicht. Weil wir Norma­li­tät eben nicht bemer­ken, sonst wäre sie nicht normal.

Auch die Sehn­sucht nach “Norma­li­tät” ist sehr inter­es­sant, da sie sich auf einen Zustand bezieht, den wir vermut­lich gar nicht wahr­neh­men würden, sobald er dann einträte. Heißt: Der Moment des Aufat­mens, wenn Dinge wieder anders sind, ist noch lange keine Norma­li­tät. Denn die ist, wie schon beschrie­ben, unsicht­bar. Solange ein Zustand, eine Person, eine Tätig­keit in irgend­ei­ner Form markiert sind, werden sie bemerkt und gelten nicht als normal. Wir bemer­ken die Farbe von Spaghetti erst bewusst, wenn sie auf einmal zum Beispiel hell­blau wären. Sonst ist eben alles normal und wir denken nicht: “Oh, diese norma­len gelb-beigen Schnüre”, sondern wir denken zum Beispiel “Spaghetti, geil!” 

Nicht geschimpft ist nicht genug gelobt

Jetzt soll es weder darum gehen, Norma­li­tät als das kost­barste Gut über­haupt zu stili­sie­ren noch darum, den Wunsch danach als fest­ge­fah­ren zu belä­cheln. Viel­mehr lohnt es sich, genau diese unsicht­ba­ren Kompo­nen­ten zu beschrei­ben, nach denen man sich eben sehnt. Spoi­ler Alert: Wenn alles wirk­lich wieder komplett “normal” ist, haben wir nichts davon, weil wir’s nicht mal bemer­ken. Wir bemer­ken ja derzeit auch vieles nicht mehr bewusst, was wir vor eini­gen Mona­ten hyper­prä­sent vor Augen hatten. Die Klebe­strei­fen auf den Böden vor Super­markt­kas­sen zum Beispiel. 

Teams oder Perso­nen, die etwas verän­dern und errei­chen wollen, können sich zum Beispiel die Frage stel­len, was sie gerne norma­li­sie­ren möch­ten, sodass es gar nicht bemerk­bar ist. Wir können Rituale etablie­ren, die eine bewusste Regel­mä­ßig­keit in Verän­de­rungs­pro­zesse einschrei­ben. Ein weite­rer Baustein in der Frage nach Norma­li­tät ist das Feed­back. Ist es normal, wenn einfach alles passt und man bemerkt eben nur das, was nicht läuft? Frei nach der süddeut­schen Weis­heit “Nicht geschimpft ist genug gelobt”? Moti­vie­rend ist das jeden­falls nicht. Sowohl in Bezug auf andere als auch auf uns selbst tun wir ganz gut daran, auch “Norma­les” anzu­spre­chen, wenn wir es gut finden. Heißt: Nur weil Kollege*in X sehr oft frei­wil­lig das Proto­koll schreibt, ist das viel­leicht normal, aber nicht selbst­ver­ständ­lich. (An dieser Stelle Shou­tout an die Kolle­gin, die weiß, dass sie gemeint ist!) 

28. August 2020

Knoten­an­ek­do­ten – Was wir euch fragen wollen

Was wir gelernt, worüber wir gelacht und was wir verges­sen haben – und was wir ganz bestimmt nicht noch­mal machen. Jeden Frei­tag frisch aus dem Berli­ner Büro. 

Knoten­an­ek­do­ten — Die Frei­tags­ko­lumne vom Netz­werk­kno­ten. Grafik: Karl Bredemeyer

Kinder lernen schnell, dass sie Fragen stel­len sollen, aber bitte keine dummen. Um abschät­zen zu können, ob eine Frage dumm ist oder nicht, muss man einen groben Umriss der Antwort schon während des Fragens ausma­chen können. Logisch, wenn ich mich in einem Thema auskenne, stelle ich wahr­schein­lich geschei­tere Fragen. Darum geht es jedoch nicht immer. 

Viele von uns scheuen sich auch als Erwach­sene noch davor zu fragen, weil wir eben nicht dumm erschei­nen wollen. Fragen gelten oft als Unwis­sen­heit. Deshalb kommt es wahr­schein­lich auch bei Panels und Konfe­ren­zen so häufig vor, dass auf die Frage nach weite­ren Fragen Antwor­ten mit Frage­zei­chen formu­liert werden. Also vorhan­de­nes Wissen wird als Frage formu­liert, die eigent­lich keine ist. 

Fast alle von uns erin­nern sich viel­leicht noch an die Passage „Wer nicht fragt, bleibt dumm“ aus der Sesam­straße. Selbst­er­klä­rend. Gleich­zei­tig hilft es, die Andro­hung an Dumm­heit aus dem ganzen Vorgang heraus­zu­lö­sen. Bewer­tun­gen bedeu­ten sehr häufig Zensur. Und natür­lich, Fragen brin­gen im besten Fall Antwor­ten. Und sie können noch viel mehr. 

Fragen brin­gen Perspektivwechsel

Fragen sind krea­tiv, konstruk­tiv und eröff­nen Dialog. Vor allem, wenn sie nicht nach den Maßstä­ben von Rich­tig und Falsch zu beant­wor­ten sind, sondern den Raum zum Vorstel­len und Denken aufma­chen. Gerade bei Proble­men, wenn Menschen sich expli­zit nach möglichst einfa­chen Antwor­ten sehnen (die es ja nicht geben kann, sonst wär’s ja kein Problem) helfen oft Fragen.

Genau aus diesem Grund arbei­ten wir beim Syste­mi­schen Agile Coaching häufig mit Fragen. Denn sie sind oft eine Art Einla­dung, eine Tür, die sich öffnet, um eine neue Perspek­tive einzu­neh­men. Weil ich gezwun­gen bin, nach­zu­den­ken, wenn ich etwas gefragt werde, während ich bei Ratschlä­gen oder gar Befeh­len eher gezwun­gen bin, einfach zu machen. 

Natür­lich wird das hier jetzt kein Befehl, mehr Fragen zu stel­len. Aber viel­leicht zwei Fragen zum Abschluss: Erin­nert ihr euch an die letzte Frage, die ihr euch nicht getraut habt zu stel­len? Und was war die beste oder wich­tigste Frage, die es in eurem Leben je gab?

21. August 2020

Knoten­an­ek­do­ten – Warum wir uns in Meetings nicht mit Autos bewerfen

Was wir gelernt, worüber wir gelacht und was wir verges­sen haben – und was wir ganz bestimmt nicht noch­mal machen. Jeden Frei­tag frisch aus dem Berli­ner Büro. 

Knoten­an­ek­do­ten — Die Frei­tags­ko­lumne vom Netz­werk­kno­ten. Grafik: Karl Bredemeyer

Erin­nern wir uns mal an die guten alten Zeiten, damals, in der Autoe­cke des Kinder­gar­tens. War das toll! Domi­nik nahm Tansu das Auto weg, Linh warf ein ande­res Auto gegen Danis Kopf und erst nach einer sehr deut­li­chen Ansage der Erzieher*innen fuhren die Autos für eine halbe Minute auf dem Teppich mit Stra­ßen­ver­kehrs­mus­ter. Bis irgend­je­mand dann in die Hose gemacht hat und der Teppich erst­mal gerei­nigt werden musste. 

Kurios eigent­lich, dass es heute so gut klappt mit den Menschen, deren Köpfen und den Gegen­stän­den. Viel­leicht tatsäch­lich wegen der Ansage. Den vielen Ansa­gen, von Erzieher*innen, Lehrer*innen, Eltern, großen Geschwis­tern, ande­ren Kindern. Obwohl „jeman­dem X an den Kopf werfen“ bei Erwach­se­nen eine beliebte Rede­wen­dung ist, reali­sie­ren sie das Gesagte meis­tens nicht. Einfach, weil man das nicht tut? Das ist eine Norm, aber keine zufrie­den­stel­lende Erklä­rung. Viel­mehr sind die Gründe für unser Verhal­ten in sich sehr unter­schied­lich. Die eine hält sich viel­leicht daran, weil sie Körper­ver­let­zung als Straf­be­stand verin­ner­licht hat und nicht gegen das Gesetz versto­ßen möchte. Der andere schert sich dage­gen wenig um Gesetze, lebt jedoch nach dem Prin­zip der Gewalt­frei­heit. Und wieder jemand ande­res unter­lässt das Werfen von Gegen­stän­den aus Image­grün­den viel­leicht im Büro und tut es zu Hause dann doch. 

Werte zu kommu­ni­zie­ren hilft im Team

Alle drei Entschei­dun­gen, einen Gegen­stand nicht zu werfen, sind von außen unsicht­bar. Und alle drei basie­ren auf einem Werte­sys­tem, aus dem sich das Verhal­ten dann ablei­tet. Fast unser gesam­tes Erwach­se­nen­le­ben wird von unse­ren Werten beein­flusst: Mit wem wir leben und wie, welche Arbeit wir tun möch­ten, welche nicht, wie wir mit ande­ren Menschen umge­hen und welche Partei wir wählen und ob. Selbst wenn nicht alles für alle Menschen reali­sier­bar ist (etwa die Frei­heit, einen bestimm­ten Beruf zu wählen) sind doch gerade die zwischen­mensch­li­chen Inter­ak­tio­nen meis­tens von inne­ren Werten abhängig. 

Wer also inten­tio­na­ler handeln möchte, tut gut daran, die eige­nen Werte zu kennen. Insbe­son­dere, da die häufig so verin­ner­licht sind, dass sie gar nicht auf Anhieb zu benen­nen sind. Gerade für Menschen, die viel in Teams arbei­ten und entschei­den, erleich­tert es die Kommu­ni­ka­tion, wenn sich alle Betei­lig­ten ihrer Werte selbst bewusst sind und sie die Möglich­keit haben, sie den ande­ren zu kommunizieren. 

Werten und Bewer­ten sind unterschiedlich

Um syste­ma­ti­siert an das große Thema Werte heran­zu­ge­hen, hat Elisa­beth aus ein Meetup zum Thema Werte zusam­men­ge­stellt. Dort leitet sie die Teil­neh­men­den durch das Erken­nen und Reflek­tie­ren der eige­nen Werte und zeigt, wie sich Werte­ar­beit in Teams und Work­shops inte­grie­ren lässt. Wir vom Netz­werk­kno­ten haben selbst in unse­rem Team bereits viel Zeit in die Arbeit zu indi­vi­du­el­len und gemein­sa­men Werten inves­tiert und möch­ten die guten Erfah­run­gen, die wir damit gemacht haben, gerne teilen. 

Denn in der Tat haben die meis­ten zwischen­mensch­li­chen Freu­den und Leiden des Erwach­se­nen­le­bens genau damit zu tun: Geteilte Werte, unter­schied­li­che Werte, falsche Annah­men gewis­ser Werte. Übri­gens, es geht bei Werten nicht zwangs­läu­fig um Be-Werten, sondern viel­mehr um ein tiefe­res Verständ­nis für die Perspek­ti­ven ande­rer Menschen und für die Moti­va­tion ihres Verhal­tens. Und dafür ist es notwen­dig, auch die eigene Perspek­tive und die eige­nen Moti­va­tio­nen zu kennen. 

Wenn ihr gerne selbst eure Werte besser kennen lernen wollt: Hier geht’s zum Meetup. Es findet remote und auf Englisch statt. 

14. August 2020

Knoten­an­ek­do­ten – Spre­chen Macht Freiheit

Was wir gelernt, worüber wir gelacht und was wir verges­sen haben – und was wir ganz bestimmt nicht noch­mal machen. Jeden Frei­tag frisch aus dem Berli­ner Büro. 

Knoten­an­ek­do­ten — Die Frei­tags­ko­lumne vom Netz­werk­kno­ten. Grafik: Karl Bredemeyer

Vor Kurzem flog eine Grafik irgendwo durchs Inter­net. Darauf sitzen sich zwei Frauen gegen­über, entspannt, und die eine fragt: „In what languages are you fluent in?“ (Also: „Welche Spra­chen sprichst du flie­ßend?“) und die andere antwor­tet „Silence.“ („Stille“ oder „Schwei­gen“.) Die Verbin­dung zwischen Schwei­gen und Spre­chen ist inter­es­sant, da Schwei­gen mehr ist als einfach Tonlo­sig­keit, es ist eine passive Form des Handelns. Schwei­gen ist eine Form der Kommu­ni­ka­tion, die vieles ausdrü­cken kann: Den Unwil­len, die Unnö­tig­keit, die Unmög­lich­keit oder die Unfä­hig­keit des Spre­chens zum Beispiel. Gemein­sa­mes Schwei­gen kann tiefes Verständ­nis bedeu­ten, das keiner Worte bedarf. Schwei­gen kann auch furcht­bar verlet­zend sein, wenn es einsei­tig ist. Und eine Unfä­hig­keit zu spre­chen kann sehr anstren­gend und verun­si­chernd sein. 

In der Arbeit mit Spra­che ist es unmög­lich, das Schwei­gen nicht mitzu­den­ken. Der Moment, in dem ein Mensch vom Nicht­spre­chen zum Spre­chen über­geht, hat eine eigene Kraft, einen Mut und fühlt sich oft an wie ein klei­nes Wunder. Erfah­run­gen aus dem Dolmet­schen in der Psycho­the­ra­pie, der Sprach­för­de­rung für Kinder und zahl­rei­chen Inter­views haben genau das gezeigt: Der Moment, in dem eine Geschichte erzählt werden kann, verän­dert die Welt. Die Person, die erzählt, die Person, die zuhört und die gesamte Situation. 

Spre­chen ist befrei­end und mächtig

Genau dieser Moment ist der Grund, warum wir mit How To Talk ein ganzes Trai­ning zum Spre­chen entwor­fen haben. Weil wir wissen, wie befrei­end, wie mäch­tig Spre­chen ist. Wir möch­ten, dass wirk­lich alle Menschen ihre Spra­che nutzen können, um ihre Geschich­ten zu erzäh­len und ihre Ideen zu vermit­teln. Und wir wissen, dass das am besten geht, wenn Menschen bei sich selbst, bei ihren eige­nen Körpern, Gedan­ken und Persön­lich­keits­chat­tie­run­gen blei­ben können. Ohne Faken, Über­re­den, Mani­pu­lie­ren. Fake it until you make it mag funk­tio­nie­ren, macht aber auch enorm Stress, der uns einen menta­len Over­load verpasst, der uns auslaugt. Das lässt sich verglei­chen mit einer Hantel, die zu schwer ist: Fake it until you make it funk­tio­niert viel­leicht schon irgend­wie, aber sonder­lich elegant wird’s nicht ausse­hen und gut für den Rücken ist es auch nicht. 

Deshalb haben wir mit dem mehr­stu­fi­gen Modell von How To Talk ein Trai­ning erstellt, in dem wir über zwei Tage hinweg genug Zeit haben, die körper­li­chen, kogni­ti­ven und inter­ak­ti­ven Mecha­nis­men des Spre­chens kennen­zu­ler­nen. Sodass alle Menschen, egal ob schüch­tern oder ausge­las­sen, ihren Moment des Spre­chens erle­ben können. Dabei arbei­ten wir viel mit der Methode des Perspek­tiv­wech­sels und an der eige­nen Haltung, sprach­lich wie physisch.

Das Trai­ning geht über zwei Tage á vier Stun­den und findet via Zoom statt. Wir freuen uns, wenn ihr mit uns die Welt verän­dert – sprach­lich. Zur Anmel­dung geht es hier.

7. August 2020

Knoten­an­ek­do­ten – Kein Wunder

Was wir gelernt, worüber wir gelacht und was wir verges­sen haben – und was wir ganz bestimmt nicht noch­mal machen. Jeden Frei­tag frisch aus dem Berli­ner Büro. 

Knoten­an­ek­do­ten — Die Frei­tags­ko­lumne vom Netz­werk­kno­ten. Grafik: Karl Bredemeyer

Zuge­ge­ben, als Karl in seinem Geburts­tags­ar­ti­kel (ja, wir sind zwei Jahre alt gewor­den, Happy Birth­day to us!) als erstes von fünf Lear­nings „Be reali­stic. Plan for a mira­cle“ nannte, habe ich mich gewun­dert. Mag daran liegen, dass wir Mitarbeiter*innen vom Netz­werk­kno­ten das kleine Bild­chen mit dem Spruch schon so fest an seinen Platz im Büro verord­net haben, dass es unge­wohnt ist, ihn auf einmal in einem Arti­kel zu sehen. Oder halt, weil der Spruch sich erst einmal nach einer Feel-good-Post­karte anfühlt und nicht nach einem Learning. 

Das Wunder von 2020, viel­leicht kein so posi­ti­ves, ist für Karl die Pande­mie. Sie hat aller­lei Planung und Selbst­ver­ständ­lich­kei­ten über den Haufen gewor­fen – also jetzt „Was tun? Realis­tisch sein und für das nächste Wunder planen! Auch außer­zy­kli­sche Konjunk­tur­ein­brü­che sind zeit­lich begrenzt und Wohl dem, der am Ende eines solchen Tals nicht zu lange braucht, den Kopf wieder aus dem Sand zu ziehen.“ Okay, verstan­den. Wunder müssen nicht immer ähnli­che Effekte haben, wie zwei Brote und Fische, die auf sich auf einmal verviel­fäl­ti­gen und eine Groß­ver­an­stal­tung sättigen.

Wundern ist ein Teil des Lernens

Trotz­dem ist die Frage inter­es­sant, was ein Wunder denn sein soll. Am Anfang dieser Kolumne schrieb ich, ich hätte mich gewun­dert. Weil ich nicht damit gerech­net habe. Die Perspek­tive war mir also neu. Während viele von uns gerne beto­nen, sie glaub­ten nicht an Wunder, wundern wir uns dafür irgend­wie doch die ganze Zeit. Wir haben uns, wie in Karls Arti­kel beschrie­ben, gewun­dert, wie die Zusam­men­ar­beit über einen rela­tiv langen Zeit­raum hin komplett ohne physi­schen Kontakt funk­tio­nie­ren kann. Wir haben uns darüber gewun­dert, was wir vorher für selbst­ver­ständ­lich hiel­ten, ohne es über­haupt zu bemer­ken. Wir haben uns gewun­dert, wie schnell das Jahr vergan­gen ist seit unse­rem letz­ten Geburtstag. 

Kann man sich wirk­lich täglich wundern und dann behaup­ten, man glaube nicht an Wunder? Wie gesagt, es geht hier nicht darum, locker flockig übers Wasser zu schlen­dern. Viel­mehr ist das Wundern ein Bestand­teil des Lernens und vor allem auch des Schau­ens über den Teller­rand. Neue Erfah­run­gen und neue Perspek­ti­ven brin­gen dieses Sich-Wundern eben mit. Dass die Erde rund und nicht flach ist, beein­druckt die meis­ten von uns heute eher weni­ger, für den puber­tie­ren­den Herrn Colum­bus wär’s sicher­lich ein Wunder gewesen. 

Wer gerne entdeckt, der wundert sich oft. Wer eng mit Menschen zusam­men­ar­bei­tet auch. Die Fähig­keit, sich zu wundern ist verknüpft mit Neugier, Offen­heit und Akti­vi­tät. Wir hoffen jeden­falls darauf, dass wir uns in unse­rem neuen Lebens­jahr als Firma öfter wundern dürfen. Darüber, was alles möglich ist, darüber, Neues heraus­zu­fin­den. Das wäre wirk­lich, na klar, wundervoll.

31. Juli 2020

Commit, ich erzähl dir ’ne Geschichte

Was tun, wenn Commit­ment und unan­ge­nehm scheint? Ein Blick nach innen und ein Perspek­tiv­wech­sel können helfen, wenn Zwei­fel oder Ärger aufkommen.

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24. Juli 2020

Knoten­an­ek­do­ten – Speis und Trank und tausend Dank

Was wir gelernt, worüber wir gelacht und was wir verges­sen haben – und was wir ganz bestimmt nicht noch­mal machen. Jeden Frei­tag frisch aus dem Berli­ner Büro (und derzeit aus dem Homeoffice)

Knoten­an­ek­do­ten — Die Frei­tags­ko­lumne vom Netz­werk­kno­ten. Grafik: Karl Bredemeyer

Was haben die Knoten­an­ek­do­ten und der Netz­werk­kno­ten gemein­sam? Jaaa, das Wort „Knoten.“ Das haben wir uns alles nicht nur ausge­dacht, weil sich so viel auf „Knoten“ reimt (trotz­dem ganz kurz: Scho­ten, Boten, Voten, Zoten, Anek­do­ten, schon irgend­wie cool.) Spaß beiseite, wir heißen wirk­lich deshalb Netz­werk-Knoten, weil das „Verkno­ten“ im Sinne von Vernet­zen, in Kontakt treten, Bindung im Sinne von Verbind­lich­keit elemen­tar ist für unsere Iden­ti­tät. Oder anders gesagt: Wir mögen Menschen wirk­lich sehr.

Wir haben auch schon öfters gesagt und geschrie­ben, wie gerne wir Gastgeber*innen in unse­rem Büro sind. Zu unse­rem Wunsch des Verbin­dens kommt auch die ausge­prägte Freude, Leiden­schaf­ten zu teilen. Klar, Leiden­schaft für Produkt­ent­wick­lung aber vor allem auch die Frage danach, wofür wir das tun. Und ja, unsere Leiden­schaft für gutes Essen, guten Wein und bele­bende Gesprä­che. Nach Langem hatten wir diese Woche endlich die Möglich­keit zu einem Netz­werk­din­ner einzuladen.

Esst, trinkt, sprecht, teilt

Alles was wir lieben kam bei unse­rem Netz­werk­din­ner am Montag zusam­men und es war fantas­tisch, verschie­denste Persön­lich­kei­ten aus unter­schied­li­chen Indus­trien an unse­rem großen Holz­tisch versam­melt zu sehen. Zu spüren, wie geteilte Leiden­schaf­ten und gute Gesprä­che die Augen und den Raum zum Leuch­ten brin­gen. Zu beob­ach­ten, wie das vorge­ge­bene Thema neben­säch­lich, aber nicht irrele­vant werden kann und mitzu­er­le­ben, wie gelöst Menschen beiein­an­der­sit­zen können, ohne dass die Quali­tät der Inhalte geschmä­lert wird. 

Wir könn­ten jetzt noch drei Seiten lang weiter­schrei­ben, wie schön der Abend war, wie inten­siv wir die Stim­mung und die Zeit mit unse­ren Gäst*innen genos­sen haben, wie sehr wir uns darauf freuen, mal wieder zu uns einzu­la­den. Statt­des­sen einfach hier die Empfeh­lung: Macht das. Ladet ein, nehmt Einla­dun­gen an. Esst, trinkt, sprecht, teilt. Das Wort Netz­wer­ken hat für manche einen scha­len Beigeschmack, aber mal ehrlich: Mit wem soll­ten wir unsere Zeit eher verbrin­gen als mit Menschen, die unsere Leiden­schaf­ten teilen, unsere Moti­va­tio­nen verste­hen und nach kompa­ti­blen Werte­sys­te­men handeln? Wir freuen uns darauf, noch mehr von diesen Menschen kennen­zu­ler­nen. Wenn ihr euch schon vor dem nächs­ten Dinner oder Meetup mit uns verkno­ten wollt: Schreibt uns gern! 

17. Juli 2020

Knoten­an­ek­do­ten – Nicht zurück zu den Wurzeln, sondern zurück auf die Füße

Was wir gelernt, worüber wir gelacht und was wir verges­sen haben – und was wir ganz bestimmt nicht noch­mal machen. Jeden Frei­tag frisch aus dem Berli­ner Büro (und derzeit aus dem Homeoffice)

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3. Juli 2020

Knoten­an­ek­do­ten – Die ersten 20 aus 2020: Lear­nings aus einer Jahreshälfte

Was wir gelernt, worüber wir gelacht und was wir verges­sen haben – und was wir ganz bestimmt nicht noch­mal machen. Jeden Frei­tag frisch aus dem Berli­ner Büro (und derzeit aus dem Homeoffice)

Knoten­an­ek­do­ten — Die Frei­tags­ko­lumne vom Netz­werk­kno­ten. Grafik: Karl Bredemeyer

Schon bemerkt, dass das Jahr 2020 halb voll ist und sich so anfühlt, als seien seit Anfang März gerade mal drei Wochen und gleich­zei­tig 300 Tage vergan­gen? Was uns noch so aufge­fal­len ist:

  1. Zeit ist sehr, sehr relativ.
  2. Verbin­dun­gen blei­ben. Über welche Wege auch immer, wie können kommu­ni­zie­ren und soll­ten das auch tun. 
  3. Kommu­ni­ka­tion ist ein Prozess, genauso wie Entschei­den, Spre­chen, Lernen und Akzeptieren. 
  4. Niemand kommt zum Online-Meetup, wenn die Sonne scheint. 
  5. Für intro­ver­tierte Menschen kann remote Arbeit eine Chance sein, an Trai­nings und Work­shops teil­zu­neh­men. Und diese Menschen nutzen diese Chancen. 
  6. Zusam­men mit den Kolleg*innen zu essen ist schön und wich­tig. Wenn’s geht: Bestellt euch was oder trinkt nach dem Team­call ein Glas Wein oder Saft vor dem Rechner. 
  7. Lachen hilft.
  8. Erzwun­ge­nes Lachen hilft nicht. Ehrlich mitein­an­der spre­chen schon. Über Gren­zen, über Stra­te­gien, über Frust und über Glück.
  9. Menschen gehen unter­schied­lich mit Stress um. Und eine Person kann sehr unter­schied­lich mit verschie­de­nen Formen von Stress umgehen.
  10. OKR’s und Retros funk­tio­nie­ren genauso, auch wenn niemand im Büro ist. 
  11. Miro ist geil.
  12. Die Art, wie wir spre­chen, schafft Realität.
  13. Auch Schwei­gen ist eine Option des Kommunizierens. 
  14. Und manch­mal die falsche. 
  15. Egal, ob wir am 1. Januar mit einem dicken Kopf und Reue aufwa­chen oder frisch, ausge­schla­fen und voll­ge­pumpt mit Vitamin C: Niemand weiß, was kommt. 
  16. Selbst­für­sorge ist trotz­dem hilfreich.
  17. Es ist eine große Kunst, komplexe Sach­ver­halte in verständ­li­chen Worten zu vermit­teln. Es ist keine große Kunst, sie mit unter­kom­ple­xen Schein­lö­sun­gen zu verzerren. 
  18. Wenn wirk­lich nichts mehr hilft: Perspek­tiv­wech­sel geht immer. Immer!
  19. Kekse zu Hause zu essen fühlt sich niemals so an wie im Büro. Eine uner­setz­bare Erfahrung. 
  20. Das Jahr 2020 hat noch sechs Monate für uns übrig. Wir haben keine Ahnung, wie die nächs­ten 20 Lear­nings ausse­hen und wissen ganz bestimmt, dass wir locker 20 Dinge lernen werden. Wahr­schein­lich sogar viel, viel mehr. 

26. Juni 2020

Knoten­an­ek­do­ten – Lass mal lachen

Was wir gelernt, worüber wir gelacht und was wir verges­sen haben – und was wir ganz bestimmt nicht noch­mal machen. Jeden Frei­tag frisch aus dem Berli­ner Büro (und derzeit aus dem Homeoffice)

Knoten­an­ek­do­ten — Die Frei­tags­ko­lumne vom Netz­werk­kno­ten. Grafik: Karl Bredemeyer

“Was wir gelernt haben, worüber wir gelacht haben und was wir verges­sen haben”, darüber wollen wir in dieser Kolumne schrei­ben. Seit Novem­ber haben wir defi­ni­tiv viele Lern­erfah­run­gen geteilt und auch den ein oder ande­ren Fuck-up. Und gelacht? Ja, gelacht haben wir schon auch. Nur irgend­wie ist es ein ziem­lich undank­ba­res Unter­fan­gen, Witze oder Situa­ti­ons­ko­mik nach­zu­er­zäh­len. Wird schnell pein­lich, ihr erin­nert euch sicher an mindes­tens eine Situa­tion folgen­der Art: Man kann die Geschichte vor lauter Lachen über­haupt nicht rich­tig wider­ge­ben und das Gegen­über sitzt mit fragend nach oben gezo­ge­nen Augen­brauen da und grinst eher über das Lachen als über den Inhalt. 

Also was tun? Kolum­nen-Teaser umbe­nen­nen? Nee. Lachen ist ja wich­tig. Und zwar das Lachen an sich. Solange der Inhalt des Lachens sich nicht verlet­zend gegen Menschen rich­tet, ist er sekun­där. Gerade als Gruppe oder Team mitein­an­der zu lachen (logi­scher­weise nicht über­ein­an­der, das ist einfach schä­big) ist eine sehr konstruk­tive Form der Kommunikation. 

Was das Lachen über uns aussagt

Gemein­sam lachen zu können bedeu­tet Sicher­heit, Vertrauen und Offen­heit für die Gefühle der ande­ren. Lachen ist nämlich genau dann anste­ckend, wenn es auf einer gemein­sa­men Basis und einem empha­ti­schen Grund­ge­rüst basiert. Es bedeu­tet Verbin­dung. Wenn die Chef*innen raus­ge­hen müssen, damit das Team lachen kann, läuft was falsch. 

Das ist kein Aufruf, jetzt krampf­haft irgend­wel­che Witze raus­zu­hauen und den Team­chat unge­fil­tert mit GIF’s voll­zu­bal­lern. Sondern viel­mehr ein Impuls, das eigene Lachen mal zu beob­ach­ten. Zu Hause, im Team, mit Freund*innen. Wie sehen die Momente und die Bezie­hun­gen aus, in denen wir frei lachen können? Auf welcher Grund­lage kommt es dazu? Bei wem lache ich mit, bei wem wende ich mich inner­lich ab und warum? 

Lachen ist ein Ventil, das wissen wir mitt­ler­weile. Gerade in sehr schwe­ren Zeiten kracht es manch­mal beson­ders inten­siv aus uns heraus – Milan Kundera hat das sehr eindrück­lich in Das Buch vom Lachen und Verges­sen beschrie­ben. Es verbin­det, trennt, kann wahn­sin­nig schön und wahn­sin­nig grau­sam sein. 

Deshalb lohnt es sich, das eigene Lachen mal genauer anzu­schauen. Es sagt genauso viel über uns aus, wie verbale Elemente unse­rer Kommu­ni­ka­tion. Viel­leicht sogar noch mehr. 

12. Juni 2020

Knoten­an­ek­do­ten – Was ist eigent­lich ’ne Krise?

Was wir gelernt, worüber wir gelacht und was wir verges­sen haben – und was wir ganz bestimmt nicht noch­mal machen. Jeden Frei­tag frisch aus dem Berli­ner Büro (und derzeit aus dem Homeoffice)

Knoten­an­ek­do­ten — Die Frei­tags­ko­lumne vom Netz­werk­kno­ten. Grafik: Karl Bredemeyer

Alle warten auf Frei­tag. Nicht nur, weil danach Sams­tag ist, sondern weil Frei­tag der Tag ist, an dem wir beim Netz­werk­kno­ten mitein­an­der spre­chen können. Jede Woche im Weekly, einmal im Monat am Teamtag. 

So einer war heute. Und wir hatten einen Zeit­slot zum Thema “Krise”. Inter­es­sant am Wort Krise ist, dass es seinen Ursprung im Wort grie­chi­schen krísis hat und so viel bedeu­tet wie Entschei­dung oder entschei­dende Wendung. Wenn wir uns die derzei­ti­gen Krisen anschauen, scheint diese Wort­her­kunft durch­aus plau­si­bel: Wir müssen uns entschei­den. Geht nicht anders. Treffe ich den Opa oder nicht? Fahre ich Bahn oder nicht? Kann ich meine Mitarbeiter*innen bezah­len oder nicht?

Wir haben schon einmal darüber geschrie­ben, dass im Entschei­den wiederum das Wort “Schei­den” steckt und somit immer auch ein Abschied von etwas Bekann­tem oder Gewünsch­ten. Außer­dem sind Entschei­dun­gen keine fixen, abge­schlos­se­nen Ereig­nisse, sondern Prozesse. Das Glei­che gilt für Krisen, wie wir heute gelernt haben. Krisen sind nicht zwin­gend Natur­ka­ta­stro­phen, die einfach so passie­ren und alles zerstö­ren, sondern sie sind viel­schich­tige Entwick­lun­gen, auf die bis zu einem gewis­sen Grad Einfluss genom­men werden kann.

Wir werden die Pande­mie immer noch nicht schön reden, dafür ist das Leid vieler Menschen zu exis­ten­zi­ell. Die Pande­mie braucht auch keine Bewer­tung vom Netzwerkknoten. 

Viel­mehr plädie­ren wir wieder mal dafür, verschie­dene Perspek­ti­ven zuzu­las­sen und die Lear­nings auf ihren indi­vi­du­el­len Nutzen zu über­prü­fen. Was lerne ich über mein persön­li­ches Krisen­ma­nage­ment oder das meines Unter­neh­mens? Wie bewerte ich grund­sätz­lich Verän­de­rung? Wem höre ich zu und wem nicht und warum? Wofür mache ich weiter?

Übri­gens, auch das Wort kriti­sie­ren teilt seinen Ursprung mit der Krise. Auch hier geht es im weites­ten Sinne ums Entschei­den. Und auch hier gilt es wie immer, nicht nur die Limi­tie­run­gen, sondern auch die Räume zu beach­ten, die dadurch geöff­net werden. 

Netter­weise sind Krisen­zei­ten auch die Zeiten von Kritik. Das sehen wir gerade auf gesell­schaft­li­cher Ebene. Und vermut­lich oft auch auf persön­li­cher und beruf­li­cher. Niemand sagt, dass das ange­nehm ist oder wird. Und sorry, es gibt trotz­dem keine Option. Denn ein weite­rer gemein­sa­mer Nenner für einen konstruk­ti­ven Umgang von Krise, Kritik und Entschei­dung ist: Verantwortung. 

5. Juni 2020

Knoten­an­ek­do­ten – Warum wir als weißes Team über Black Lives Matter spre­chen (müssen)

Was wir gelernt, worüber wir gelacht und was wir verges­sen haben – und was wir ganz bestimmt nicht noch­mal machen. Jeden Frei­tag frisch aus dem Berli­ner Büro (und derzeit aus dem Homeoffice)

Knoten­an­ek­do­ten — Die Frei­tags­ko­lumne vom Netz­werk­kno­ten. Grafik: Karl Bredemeyer

Heute ist schrei­ben schwer. Schauen wir uns mal die vergan­gene Woche an. Wir befin­den uns nach wie vor inmit­ten einer Pande­mie. Und alle Menschen, die derzeit soziale oder tradi­tio­nelle Medien nutzen, haben den Mord an George Floyd durch einen weißen Poli­zis­ten in Minnea­po­lis mitbekommen. 

Schrei­ben ist schwer, weil der Bezug zu fehlen scheint. Unser Team arbei­tet in Deutsch­land, ist weiß, arbei­tet im Agile Coaching und wir alle kennen den Spruch „Es wurde schon alles gesagt, nur halt nicht von jedem.“ Ist das hier der Fall?

Viel­leicht geht es hier viel­mehr um Haltung. Um Komfort­zo­nen und das Verlas­sen dieser. Verletz­bar­keit. Spra­che und ihre Wirk­sam­keit. Das sind Themen, die uns vertraut sind. Wir haben schon oft darüber geschrie­ben und noch öfter darüber gespro­chen. Wir setzen uns für eine Arbeits­welt ein, in der es sich für alle sicher und erfüllt leben lässt. Wofür wir das tun? Nicht, weil wir Gewinn­ma­xi­mie­rung so geil finden, dann könn­ten wir auch in einem ande­ren Bereich arbei­ten. Sondern, weil wir davon über­zeugt sind, dass der Bereich der Arbeit einer von vielen Aspek­ten der Welt ist. Was für die Arbeit im Team gilt, gilt auch für ein Leben in der Gesellschaft. 

Wer über Corona redet, kann auch über Rassis­mus reden

Wir, ein Team aus sehr verschie­de­nen und durch­ge­hend weißen Perso­nen, leben in einer Gesell­schaft, in der Menschen wie wir von struk­tu­rel­lem Rassis­mus profi­tie­ren. Nicht, weil wir das gut finden oder es uns ausge­sucht haben. Trotz­dem ist es so. Weiß zu sein bedeu­tet für uns keinen Nach­teil bei der Wohnungs­su­che zu haben, nicht darüber nach­den­ken zu müssen, ob wir mit der Haut um unse­ren Körper unbe­scha­det durch diesen oder jenen Stadt­teil laufen können oder ob die Fami­lie unse­rer Partner*innen „solche wie uns“ akzep­tiert. Das zu erken­nen tut weh und ändert nichts daran, dass wir diese Vorteile haben. 

Wurde das schon alles gesagt, aber nicht von jedem? Nein. Weil es für alle Betei­lig­ten extrem unan­ge­nehm ist, darüber zu reden. Weil das Thema so leid­be­setzt ist, dass es nie irgendwo rein­zu­pas­sen scheint, weder beim netten Abend­essen mit den Groß­el­tern noch hier in diese Kolumne. Gleich­zei­tig beto­nen wir im Arbeits­all­tag immer wieder, wie wich­tig eine offene Kommu­ni­ka­tion und Refle­xion ist. Wir arbei­ten für ein Mitein­an­der, das Menschen wert­schätzt, ihr Wohl­be­fin­den prio­ri­siert. Das ist kein fancy Logo für unsere Außen­wir­kung, sondern eine Haltung. Und die können wir nicht einfach abstrei­fen, sobald wir den Laptop zuklappen. 

Wer über die Auswir­kun­gen von Corona auf das tägli­che Leben schrei­ben kann, ohne Virolog*in zu sein, kann auch über struk­tu­rel­len Rassis­mus schrei­ben, ohne eine Profes­sur in post­ko­lo­nia­len Studien zu beset­zen. (Wer trotz­dem fach­li­chen Input sucht: Tupoka Ogette, Nata­sha A. Kelly und Alice Hasters sind Exper­tin­nen und leis­ten groß­ar­tige Arbeit.) Keine Frage, es ist ein Thema, das viele von uns hilf­los macht. Es gibt keinen perfek­ten Weg. Keine Anlei­tung. Gerade deshalb machen wir es. Weil wir mit realen Menschen zusam­men­ar­bei­ten, die in einer realen Gesell­schaft leben. 

Spre­chen versus Schweigen

Wir alle sind gewohnt, uns schnelle Lösun­gen für komplexe Probleme herbei­zu­seh­nen. Die gibt’s hier nicht. Seit langem spre­chen wir viel und häufig über die Macht der Spra­che. Dabei geht es nicht nur darum, wie wir spre­chen, sondern auch worüber wir spre­chen. Wen wir anspre­chen und wen nicht. Bei all dem Spre­chen über Spra­che, gewalt­freier, gewalt­sa­mer, wert­schät­zen­der und abwer­ten­der Spra­che, gerät ein rele­van­ter Teil des Spre­chens oft in den Hinter­grund: Das Nicht-Spre­chen, auch genannt Schweigen. 

Wer von uns saß noch nie in einer Runde und wurde unge­recht behan­delt? Blöd ange­macht, über­gan­gen, gede­mü­tigt? Und hat sich instän­dig gewünscht, irgend­je­mand möge den verdamm­ten Mund aufma­chen? Wurde hinter­her von Menschen ange­spro­chen, dass sie das ja eigent­lich auch nicht in Ordnung fanden, gesagt haben sie trotz­dem nichts? Genau. Lasst uns anfan­gen zu spre­chen. Es geht nicht darum, eine Eins mit Stern­chen in Anti­ras­sis­mus zu bekom­men oder man fliegt raus. Es geht darum, in einer Welt zu leben, in der Gewalt nicht weiter­be­stehen kann, nur weil es unan­ge­nehm ist, darüber zu reden. Es ist wesent­lich unan­ge­neh­mer, sie zu erle­ben. Schwarze Menschen und People of Color erle­ben sie täglich.

Ob dieser Text die Welt verän­dert? Eher nicht. Ist auch nicht sein Anspruch. Er ist ein Versuch, nach der Maxime Lead by exam­ple zu leben. Weil wir uns nicht über andere Menschen beschwe­ren wollen, die dies oder jenes nicht tun, um etwas zu verän­dern, sondern weil wir einfach irgendwo anfan­gen müssen.

29. Mai 2020

Knoten­an­ek­do­ten – Wer andern einen Ratschlag gibt…

Was wir gelernt, worüber wir gelacht und was wir verges­sen haben – und was wir ganz bestimmt nicht noch­mal machen. Jeden Frei­tag frisch aus dem Berli­ner Büro (und derzeit aus dem Homeoffice)

Knoten­an­ek­do­ten — Die Frei­tags­ko­lumne vom Netz­werk­kno­ten. Grafik: Karl Bredemeyer

Kennt ihr diese Menschen, die rich­tig gute Ratschläge geben? Die, die wir anru­fen, wenn wir nicht mehr weiter­wis­sen und die dann safe eine Lösung auf der Platte haben? Viele von uns kennen so jeman­den. Das kann der beste Freund aus Schul­zei­ten sein, die Mutter, eine Mento­rin, wer auch immer. Es hilft, wenn diese Person(en) die Welt und uns ein wenig kennen. Übri­gens, liebe*r Leser*in, Du bist vermut­lich genau diese Person. Für irgendjemanden. 

Jetzt wird ein nicht unbe­deu­ten­der Anteil derer, die das lesen, stolz zustim­mend und selbst­iro­nisch abwer­tend in sich hinein brum­meln und nicken und denken, dass man den ande­ren gern die besten Ratschläge gibt und sie selbst dann nicht befolgt. Ja, so ist das auch oft. 

Wie kommt’s? Scheint so eine Art Natur­ge­setz zu sein. Wie alles, das einfach so gege­ben scheint, lohnt sich auch hier der zweite Blick darauf. Denn eigent­lich kennen wir als erwach­sene Menschen auch die Welt und uns selbst ein wenig, ebenso wie die Perso­nen, die uns sonst in wich­ti­gen Fragen bera­ten. Beste Voraus­set­zun­gen also.

Warum wir die eige­nen Tipps befol­gen müssen

Hier helfen zwei Ansätze. Der erste ist bekannt aus dem Syste­mi­schen Coaching: Der Perspek­tiv­wech­sel. Andere Menschen blicken aus einem ande­ren Blick­win­kel auf uns und die Welt und nehmen deshalb auch andere Möglich­kei­ten wahr. Darüber spre­chen wir oft und gerne, unter ande­rem auch in unse­rer Ausbil­dung zum Syste­mi­schen Agile Coach. Der Perspek­tiv­wech­sel ist eine Kompe­tenz, die wir erler­nen und trai­nie­ren können. In Bezug auf andere und auf uns selbst.

Der zweite wich­tige Faktor hier ist die Zensur. Meis­tens greift die Selbst­zen­sur wesent­lich erbar­mungs­lo­ser bei den eige­nen Gedan­ken. Wir hören in eini­gen Fällen sehr viel bereit­wil­li­ger auf andere Menschen als auf uns selbst. Selbst wenn wir in bestimm­ten Berei­chen sehr erfah­ren sind. Das hat weni­ger mit dem Inhalt des jewei­li­gen Wissens- oder Kompe­tenz­be­reichs zu tun, sondern viel mehr mit der Haltung. 

Gestern Abend haben wir wieder das remote Meetup How To Talk ausge­ri­chet. Der Person, die das Konzept entwi­ckelt und das Sprach­trai­ning gehal­ten hat, fiel hinter­her auf, dass sie im Vergleich zu sonst beson­ders ruhig und entspannt spre­chen konnte. Und dass sie vorher brav genau die Ratschläge selbst befolgt hatte, die sie später den Teil­neh­men­den ans Herz legte. Heißt in diesem Fall: Atmung, Körper­ar­beit, sich in die eigene Stimme hinein­zu­brum­men. (Eine Spezi­fi­zie­rung des Brum­mens gibt’s im nächs­ten Meetup.) Viel­leicht ist euch bereits klar, dass es sich hier­bei um den Menschen handelt, der auch diese Kolumne schreibt. 

Die Sache mit dem Ernstnehmen

Deshalb, first hand infor­ma­tion: Hört. Auf. Eure. Eige­nen. Ratschläge. Auch und gerade, wenn ihr Expert*innen in einem Bereich seid. Hört nicht auf zu lernen, nur weil ihr etwas schon könnt. Das ist eine Form von Respekt vor den ande­ren, vor den eige­nen Inhal­ten und vor sich selbst. Wir können nicht erwar­ten, dass andere Menschen unsere Inhalte ernst nehmen, wenn wir es selbst nicht tun. Wir wissen das. Und verges­sen es trotz­dem so oft.

Viel­leicht hilft ein schmerz­haf­ter Vergleich aus dem Alltag: Egal, ob wir seit 15 Jahren joggen gehen oder seit gestern: Wir scha­den uns, wenn wir uns nicht vernünf­tig aufwär­men. (Anm. des Knies der Verfas­se­rin.)

22. Mai 2020

Knon­ten­an­ek­do­ten – Bella Ciao! Warum tut Entschei­den weh?

Was wir gelernt, worüber wir gelacht und was wir verges­sen haben – und was wir ganz bestimmt nicht noch­mal machen. Jeden Frei­tag frisch aus dem Berli­ner Büro. Heute: Warum wir oft zu schnell, zu einfach oder zu kompli­ziert entscheiden.

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15. Mai 2020

Knoten­an­ek­do­ten – Wirk­li­cher wird’s nicht

Was wir gelernt, worüber wir gelacht und was wir verges­sen haben – und was wir ganz bestimmt nicht noch­mal machen. Jeden Frei­tag frisch aus dem Berli­ner Büro. 

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24. April 2020

Knoten­an­ek­do­ten – Ab auf die Couch

Was wir gelernt, worüber wir gelacht und was wir verges­sen haben – und was wir ganz bestimmt nicht noch­mal machen. Jeden Frei­tag frisch aus dem Berli­ner Büro. Heute: Warum Schüch­terne remote neue Möglich­kei­ten auspro­bie­ren können.

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17. April 2020

Knoten­an­ek­do­ten – Manch­mal wird’s halt nix

Was wir gelernt, worüber wir gelacht und was wir verges­sen haben – und was wir ganz bestimmt nicht noch­mal machen. Jeden Frei­tag frisch aus dem Berli­ner Büro. Heute: Was dabei raus­kommt, wenn nix rauskommt.

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10. April 2020

Knoten­an­ek­do­ten – Wie sich unser Spre­chen während Corona verändert

Was wir gelernt, worüber wir gelacht und was wir verges­sen haben – und was wir ganz bestimmt nicht noch­mal machen. Jeden Frei­tag frisch aus dem Berli­ner Büro. 

Knoten­an­ek­do­ten — Die Frei­tags­ko­lumne vom Netz­werk­kno­ten. Grafik: Karl Bredemeyer

Feier­tage also. Solche, die jedes Jahr passie­ren. Oder diese Kolumne. Die passiert auch jede Woche. Oder unser Biweekly beim Netz­werk­kno­ten, das seit den Ausgangs­be­schrän­kun­gen und demzu­folge einer verord­ne­ten Fern­be­zie­hung zu den Kolleg*innen zum Weekly wurde. 

Wir brau­chen Rituale in Orga­ni­sa­tio­nen, wir brau­chen es, gemein­sam zu lachen, zu feiern und zu reflek­tie­ren. Und wir brau­chen es, mitein­an­der zu spre­chen. Nicht nur in Team­chan­nels, wobei die GIF’s und Emojis zuge­ge­be­ner­ma­ßen schon schön sind. Um uns sicher und gehört zu fühlen, brau­chen wir, dass aktiv jemand zuhört. Spre­chen ist mehr als ein körper­li­ches Äqui­va­lent zum Drücken des Senden-Buttons einer Mail. 

Damit Menschen mitein­an­der spre­chen können, sichere Umfel­der und groß­ar­tige Ideen schaf­fen können, sich verstän­di­gen, egal wie “begabt” sie im Spre­chen sind, haben wir ein Trai­ning entwor­fen. Darin beschrei­ben wir Spre­chen als ein inter­ak­ti­ves Modell aus vier verschie­de­nen Ebenen: die körper­li­che, die nonver­bale, die verbale, die inter­ak­tive und alle stehen in Bezug zueinander. 

Alle können spre­chen, egal welcher Persönlichkeitstyp

Da das Modell den eige­nen Körper als Werk­zeug mit einbe­zieht und mit der Außen­welt in Bezie­hung setzt, beschreibt es den Sprech­pro­zess als abso­lut indi­vi­du­ell und persön­lich. So können alle, die etwas zu sagen haben, ihre Message rüber­brin­gen. Egal, ob sie von ihrer Persön­lich­keit eher kontakt­freu­dig, schüch­tern oder je nach Tages­form eins von beidem sind. 

Um den rele­van­ten Inhalt vermit­teln zu können ist es wich­tig, Spre­chen als so viel mehr anzu­er­ken­nen als die durch­sich­tige Verpa­ckung dieses Inhalts. Mit Tech­ni­ken und Impul­sen aus dem Dolmet­schen, der Mode­ra­tion und Stimm­bil­dung haben wir ein Meetup zusam­men­ge­stellt, das einige Kern­aspekte aus dem Trai­ning heraus­greift. Wegen Corona natür­lich remote

Gewiss, die Zeit in einer Pande­mie ändert fast alles, auch das Mitein­an­der­spre­chen, vor allem das Wie des Mitein­an­der­spre­chens. Wir können unsere virtu­el­len Team­tage, Remo­te­mee­tings und das Video-Oster­früh­stück mit den Eltern so verste­hen wie die Ellbo­gen-Checks als Ersatz für Umar­mun­gen. Ist nicht das glei­che und physi­sche Präsenz ist nicht ersetz­bar, weder im Spre­chen noch im Anfassen. 

Gleich­zei­tig ist das gerade die beste Lösung, die es gibt und das mit Über­zeu­gung sagen zu können, ist verdammt viel. Wir wünschen Ihnen ange­nehme Feiertage! 

3. April 2020

Knoten­an­ek­do­ten – Kein norma­ler Wahnsinn

Was wir gelernt, worüber wir gelacht und was wir verges­sen haben – und was wir ganz bestimmt nicht noch­mal machen. Jeden Frei­tag frisch aus dem Berli­ner Büro.

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27. März 2020

Knoten­an­ek­do­ten — Reden ist Silber, Schwei­gen ist bold

Was wir gelernt, worüber wir gelacht und was wir verges­sen haben – und was wir ganz bestimmt nicht noch­mal machen. Jeden Frei­tag frisch aus dem Berli­ner Büro.

Knoten­an­ek­do­ten — Die Frei­tags­ko­lumne vom Netz­werk­kno­ten. Grafik: Karl Bredemeyer

Corona, Remote, Remote, Corona. Ist jetzt tatsäch­lich alles schon gesagt, nur nicht von jedem oder wurde im Grunde noch gar nichts gesagt? 

Keine Ahnung. Schwei­gen ist selten die Lösung für irgend­et­was, zumin­dest nicht, wenn Dinge sich posi­tiv verän­dern sollen. Reden hilft leider, und wir als Coaches geben das ungern zu, auch nicht immer. 

Was also tun in Zeiten wie diesen, in einer Situa­tion, die uns kollek­tiv unbe­kannt ist? In der wir nieman­den fragen können? Außer ein paar Schild­krö­ten gibt es wahr­schein­lich kaum atmende Wesen, die bei der letz­ten großen Pande­mie auch schon am Start waren. Nun sind Schild­krö­ten kein Refe­renz­punkt, da sie gene­rell recht schweig­same Zeit­ge­nos­sen sind, mit Pande­mie oder ohne. 

Jokes beiseite, wie lässt sich mit der Situa­tion umge­hen, die gerade erst begon­nen hat, ohne Distan­zie­rungs­me­cha­nis­men wie eben Humor oder wenig hilf­rei­che Stra­te­gien wie Verzweif­lung oder die guten alten Apoka­lypse-Fanta­sien? 

Wieder: Keine Ahnung. Wird sich zeigen. Zu behaup­ten, Kata­stro­phen passier­ten, damit wir alle mal was dazu lernen, rela­ti­viert das Leid, das sie für viele Menschen bedeu­ten. Gleich­zei­tig bleibt uns nichts ande­res übrig, als irgend­et­was daraus zu lernen. Viel­leicht ist es gerade zu früh, um zu wissen, was. Dass remote tech­nisch funk­tio­niert wuss­ten wir vorher übri­gens auch. 

Also probie­ren wir, in dieser Zeit mehr als ohne­hin schon, darauf zu achten, Beob­ach­tung und Inter­pre­ta­tion zu tren­nen. Mit dem Wissen, dass jede Inter­pre­ta­tion immer – immer – von Vorer­fah­rung geprägt ist. Und wir haben wenig Erfah­rung mit dieser Situa­tion. Das zuzu­ge­ben fällt grund­sätz­lich schwer. 

Zuzu­ge­ben, dass eine Situa­tion über­for­dernd ist, dass man gerade nicht wie sonst weiß, was zu tun ist, ist eine zeit­lose Königs­dis­zi­plin der trans­pa­ren­ten und effek­ti­ven Kommu­ni­ka­tion. Etwas, das wir viel zu selten tun. Und jetzt haben wir Zeit zum Üben.

Viel mehr gibt es nicht zu sagen außer: Bleibt gesund.

20. März 2020

Knoten­an­ek­do­ten – Atmen nicht vergessen

Was wir gelernt, worüber wir gelacht und was wir verges­sen haben — und was wir ganz bestimmt nicht noch­mal machen. Jeden Frei­tag frisch aus dem Berli­ner Büro.

Knoten­an­ek­do­ten — Die Frei­tags­ko­lumne vom Netz­werk­kno­ten. Grafik: Karl Bredemeyer

Was für eine Woche. Quasi über Nacht hat sich so viel Funda­men­ta­les in unse­rer Arbeit, unse­rem Alltag geän­dert. Selbst die von uns, die schon länger bestimmte Ideen oder Progno­sen parat hatten, konn­ten nicht wissen, wie es sich anfüh­len wird. Eine Woche liegt hinter uns, in der wir teil­weise mehr über uns gelernt haben, als wir verar­bei­ten können.

Unsere Orga­ni­sa­tion arbei­tet mit Syste­mi­schem Agile Coaching. Da war uns vorher auch schon klar, jetzt haben wir dann am eige­nen Körper gemerkt, was das für unser Sein und Handeln bedeu­tet. Unser vom Agilen Denken gepräg­tes Mind­set hat sofort ange­fan­gen, indi­vi­du­ell und situa­tiv bedingte Lösun­gen und die Wege dahin zusam­men­zu­tra­gen. Wie auch sonst in unse­rem Joball­tag haben wir ein Problem fest­ge­stellt und unsere Erfah­run­gen und Vorstel­lungs­kraft nach mögli­chen Stra­te­gien abge­sucht.
Gleich­zei­tig sind wir genauso Syste­mi­sche Coaches und Fans der syste­mi­schen Zurück­hal­tung. Also beob­ach­ten wir viel, hinter­fra­gen die Ziel­zu­stände und ihre Bedin­gun­gen und brau­chen dafür die Kompe­tenz, die schwer fällt in Zeiten von Krisen: Geduld. Und Mut. Denn gerade in unsi­che­ren Situa­tio­nen fühlt sich ein Perspek­tiv­wech­sel, der ja immer ein Blick ins Unbe­kannte bedeu­tet, zunächst immer an wie ein Sprung vom Zehnmeterbrett.

In der gemein­sa­men Werte­ar­beit und unse­ren Reflek­tio­nen zur gemein­sa­men Entschei­dungs­fin­dung haben wir fest­ge­stellt, dass wir als selbst­or­ga­ni­sier­tes Team lieber beherzte Entschei­dun­gen tref­fen und diese hinter­her reflek­tie­ren als zu lange nicht zu handeln.

Jetzt, mit COVID-19, der Isola­tion und Unge­wiss­heit, spüren wir deut­li­cher denn je die verschie­de­nen Herzen in unse­rer Brust. Wir sind geübt darin, schnell zu handeln und doch auf sorg­fäl­tige Beob­ach­tung und beson­ne­nes Hinter­fra­gen bedacht. Das kann manch­mal ganz schön unru­hig machen.
Sonst, wenn’s mal unge­müt­lich wird, sagen wir ja auch immer, dass man arbei­ten muss mit dem, was da ist. Und dass das oft schon eine ganze Menge ist. Also versu­chen wir derzeit, wie gewohnt ressour­cen­ori­en­tiert vorzu­ge­hen und die Orga­ni­sa­tio­nen, die wir beglei­ten bei eben­dem zu unter­stüt­zen. Auch wenn die Situa­tion neu ist, die Haltung bleibt die glei­che: Wir glau­ben an trans­pa­rente Kommu­ni­ka­tion, weitest­ge­hend persön­li­chen Austausch, realis­ti­sche Liefer­ein­schät­zun­gen, ein händel­ba­res Back­log, Selbst­ver­ant­wor­tung, Verbind­lich­keit und vor allem Sinn­haf­tig­keit. Weil wir glau­ben, dass es einen Sinn hat. Viel­leicht nicht unbe­dingt in dem Sinne, dass jeder Kata­stro­phe einen posi­ti­ven Zweck haben muss, aber dennoch darin, dass es hilf­rei­che und auch lehr­rei­che Hand­lun­gen in jeder Situa­tion geben kann. Und wir wollen uns vor allem auch alle gegen­sei­tig unter­stüt­zen, beim Einkau­fen und beim Arbei­ten, damit wir uns darauf freuen können, bald wieder im Büro Meetings halten so können, mitein­an­der lachen, feiern, strei­ten und uns umar­men zu dürfen. Und bis dahin: Hände waschen, Skypen, Atmen nicht vergessen.

13. März 2020

Knoten­an­ek­do­ten – Wie agile Teams auch im Home­of­fice funktionieren

Was wir gelernt, worüber wir gelacht und was wir verges­sen haben — und was wir ganz bestimmt nicht noch­mal machen. Jeden Frei­tag frisch aus dem Berli­ner Büro.

Knoten­an­ek­do­ten — Die Frei­tags­ko­lumne vom Netz­werk­kno­ten. Grafik: Karl Bredemeyer

Die aktu­el­len Entwick­lun­gen von COVID-19 bewe­gen immer mehr Orga­ni­sa­tio­nen dazu, ihre Mitarbeiter*innen ins Home­of­fice zu schi­cken. Letzte Woche haben wir dazu geschrie­ben, dass nach teils jahre­lan­gen Diskus­sio­nen quasi über Nacht tech­ni­sche Lizen­zen einge­rich­tet wurden und über die poten­zi­el­len Konse­quen­zen für die Arbeits­welt.

Heute widmen wir uns der Frage: Wie geht das eigent­lich? Wie können gerade agile Teams, deren Arbeit sich stark auf persön­li­chen Austausch stützt, auf einmal per Video­kon­fe­renz zufrie­den­stel­lend und ziel­ori­en­tiert zusam­men­ar­bei­ten? Unsere Kolle­gin schlägt vor: “Keep the inter­per­so­nal Austausch alive”. Aus unse­rer aktu­el­len Arbeit mit verschie­de­nen Orga­ni­sa­tio­nen sind wir mit der Thema­tik bereits bestens vertraut. Konkret bedeu­tet das, wir arbei­ten bereits remote mit unse­ren Teams an Dailys, Retros und Reviews.

Also haben wir uns entschie­den, unsere Beob­ach­tun­gen und Lear­nings, wie agile Struk­tu­ren und Sprint­struk­tu­ren aufrecht­erhal­ten werden können, zusam­men­zu­tra­gen. Kontak­tie­ren Sie uns gerne, wenn Sie Unter­stüt­zung brau­chen, sei es in Form eines Work­shops oder direk­ter Mode­ra­tion bei den Meetings.

Wir wissen, dass die schnelle Umstel­lung zunächst etwas über­for­dernd wirken kann. Gleich­zei­tig zeigt unsere Erfah­rung, dass ein paar kleine Know-hows schon enorm weiter­hel­fen können. Zum Beispiel ändert sich das Ergeb­nis unmit­tel­bar, wenn auf kleine Dinge Aufmerk­sam­keit gelegt wird. So hilft es etwa ganz banal, die Kamera einzu­schal­ten, statt nur über Tele­fon mitein­an­der zu spre­chen. Die Gesich­ter der Kolleg*innen zu sehen schafft gerade in unvor­her­ge­se­he­nen und demzu­folge bedroh­lich wirken­den Zeiten Sicher­heit – Stich­wort Psycho­lo­gi­cal Safety.

Wir freuen uns von Ihnen zu hören und stel­len hier auf unse­rem Blog in den nächs­ten Wochen unsere Metho­den und Hilfe­stel­lun­gen zur Verfü­gung. Ganz ohne Händeschütteln.

6. März 2020

Knoten­an­ek­do­ten – Corona remote

Was wir gelernt, worüber wir gelacht und was wir verges­sen haben — und was wir ganz bestimmt nicht noch­mal machen. Jeden Frei­tag frisch aus dem Berli­ner Büro.

Knoten­an­ek­do­ten — Die Frei­tags­ko­lumne vom Netz­werk­kno­ten. Grafik: Karl Bredemeyer

Ja, wirk­lich. Ein Corona-inspi­rier­ter Arti­kel. Wir vom Netz­werk­kno­ten wollen uns nicht in die Riege zahl­lo­ser Expert*innen einrei­hen, sondern unsere Beob­ach­tun­gen teilen, wie Unter­neh­men mit mögli­chen Krisen­si­tua­tio­nen umgehen.

Wir wissen von Orga­ni­sa­tio­nen, die über Nacht Home­of­fice für ihre Mitar­bei­ten­den einge­rich­tet haben, für den Fall, dass es nötig ist. Auch zu Zeiten von New Work ist remote Arbei­ten immer noch ein viel disku­tier­ter Bereich. Die Frage, ob auf den Wunsch vieler Arbeitnehmer*innen nach mehr Flexi­bi­li­tät einge­gan­gen wird oder nicht. Wie die nun mit der plötz­li­chen tech­ni­schen Möglich­keit und der damit einher­ge­hen­den, genauso plötz­li­chen Frei­heit umge­hen, wird eine inter­es­sante Beob­ach­tung sein.

Die Situa­tion eröff­net auch die Frage, wie Firmen dann hinter­her damit umge­hen – werden im Nach­hin­ein Lizen­zen dann wieder entzo­gen oder folgt ein Umstruk­tu­rie­ren der Prozesse? Gene­rell lohnt es sich, Orga­ni­sa­tio­nen im Krisen­ma­nage­ment zu beob­ach­ten. Das gibt Aufschluss über die Möglich­kei­ten, Prio­ri­tä­ten und logis­ti­schen Wege.
Vor allem zeigt sich in Krisen­si­tua­tio­nen, in denen unter Druck entschie­den werden muss, welche Maßnah­men durch Dring­lich­keit erreicht werden können und welche schlicht nicht möglich sind. Eine unse­rer Kolle­gin­nen konnte zum Beispiel etwas beob­ach­ten, was sie den “ABBA-Effekt” nennt. Der Begriff geht auf die Tatsa­che zurück, dass die beiden verhei­ra­te­ten Paare inner­halb der Band stets geschlech­ter­ge­trennt durch die Welt flogen. Der Hinter­ge­danke war, dass im Falle eines Flug­zeug­ab­stur­zes die Kinder noch ein Eltern­teil behalten.

Die konkrete Situa­tion aus dem Arbeits­all­tag war nun eine Orga­ni­sa­tion, die sich im Zuge des Krisen­ma­nage­ments dazu entschied, die verschie­de­nen Abtei­lun­gen räum­lich zu mischen. Heißt: Während vorher gesamte Abtei­lun­gen in einem Gebäude arbei­te­ten und andere in einem zwei­ten, werden die Teams nun durch­mischt. Sollte ein Gebäude nun betrof­fen sein, können die Arbeits­ab­läufe dennoch von den Team­mit­glie­dern im ande­ren Gebäude weiter­ge­tra­gen werden. Quasi über Nacht entstan­den so etwas wie cross­funk­tio­nale Gebäude, wenn auch natür­lich keine cross­funk­tio­na­len Teams.

Räum­li­che Flexi­bi­li­tät und auch das Arbei­ten in teil­au­to­no­men Einhei­ten sind alles Thema­ti­ken, die in der Debatte um New Work eine Rolle spie­len. Wir vom Netz­werk­kno­ten wollen gar keine Progno­sen anstel­len, sondern dazu einla­den, die Entwick­lun­gen in Orga­ni­sa­tio­nen gerade in Krisen­si­tua­tio­nen zu beob­ach­ten. Denn sie können aufschluss­rei­che Lösungs­op­tio­nen aufzei­gen, die auch in Situa­tio­nen grei­fen, die zunächst weni­ger drama­tisch schei­nen und deren Dring­lich­keit sich nicht aus einer physi­schen Bedroh­lich­keit gene­riert. Das gilt selbst­ver­ständ­lich für jegli­che Situa­tio­nen, die außer­halb von SARS-CoV‑2 unter den Begriff Krisen­ma­nage­ment fallen, da jede Krise ein schwe­re­res Problem darstellt, dessen Lösung einen Perspek­tiv­wech­sel erfordert.

28. Februar 2020

Knoten­an­ek­do­ten – Wenn Werte weh tun

Was wir gelernt, worüber wir gelacht und was wir verges­sen haben – und was wir ganz bestimmt nicht noch­mal machen. Jeden Frei­tag frisch aus dem Berli­ner Büro.

Knoten­an­ek­do­ten — Die Frei­tags­ko­lumne vom Netz­werk­kno­ten. Grafik: Karl Bredemeyer

Seit eini­gen Wochen beschäf­ti­gen wir uns beim Netz­werk­kno­ten inten­siv mit dem Thema Werte. Wir glau­ben, dass die eige­nen Werte und die der ande­ren zu kennen, ein wich­ti­ger Grund­stein für wert­schät­zende Kommu­ni­ka­tion und Perspek­tiv­wech­sel sind. Heißt, sie sind elemen­tar für das Selbst- und das gegen­sei­tige Verständ­nis in der Orga­ni­sa­tion. In der gemein­sa­men Werte­ar­beit haben wir heraus­ge­fun­den, dass unse­rem Team einige Werte ganz beson­ders wich­tig sind.

Sinn­haf­tig­keit, Vertrauen, Aufrich­tig­keit und Aufge­schlos­sen­heit. Das sind jetzt zunächst einfach Wörter. Buch­sta­ben­kom­bi­na­tio­nen, die wir in Klänge und Vorstel­lun­gen über­set­zen können. Die wir verste­hen, weil wir die jewei­lige Spra­che beherr­schen, über kogni­tive Reprä­sen­ta­tio­nen und einen geteil­ten Bedeu­tungs­kon­text verfü­gen. Mit dem Spre­chen über Werte (oder jegli­che andere zunächst nicht fass­ba­ren Konzepte) mani­fes­tie­ren diese sich erst in der Reali­tät.

Gleich­zei­tig bleibt hier das Problem, dass Worte keine Taten sind, sondern sie maxi­mal zu Taten werden können. Diese Schwelle vom Wort zur Tat ist gerade in der Werte­ar­beit oft heraus­for­dernd. Anstren­gend. Unkom­for­ta­bel. Gleich­zei­tig befrei­end und wahn­sin­nig sinn­stif­tend. Und niemals ohne Konse­quen­zen. Über unsere Spra­che unter­tei­len wir die Werte in einzelne, abgrenz­bare Begriffe. In der Reali­tät sind sie alle mitein­an­der verhakt, bedin­gen sich und brin­gen sich gegen­sei­tig hervor – und manch­mal stehen sie auch im Konflikt zueinander.

Wir brau­chen Mut, um etwas zu verändern

Blei­ben wir bei unse­rer Aufzäh­lung von Sinn­haf­tig­keit, Vertrauen, Aufrich­tig­keit und Aufge­schlos­sen­heit. Vertrauen basiert auf Aufrich­tig­keit, gleich­zei­tig kann sich Aufrich­tig­keit unkom­for­ta­bel anfüh­len. Um Sinn­haf­tig­keit in der Zusam­men­ar­beit beizu­be­hal­ten, ist es manch­mal nötig, sich in die Augen zu schauen und zu sagen, was gerade einfach nicht läuft. Keine so angeh­nehme Aufgabe. In diesem Zwischen­raum, dem Konflikt zwischen mehre­ren Werten, wächst ein neuer: Der Scrum Wert Mut.

Wir brau­chen Mut, um unsere Ansich­ten zu teilen. Genauso brau­chen wir Mut (und Aufge­schlos­sen­heit), sie zu hören. Wir brau­chen Mut (und Vertrauen), um uns auf eine gemein­same Basis zu verlas­sen, auch wenn’s gerade so rich­tig wackelt. Ein Kollege etwa, der offen einen Konflikt im Kunden­sys­tem anspricht, der sehr unan­ge­nehm ist und gege­be­nen­falls zur Eska­la­tion führen kann. Oder auch der Mut, den Status Quo zu hinter­fra­gen, auch wenn es unan­ge­nehm ist als Agile Coach und für das System.

An dem Beispiel wird deut­lich, dass Werte­ar­beit kein emotio­na­les Scrabble ist, wo einfach irgend­wel­che passen­den Worte anein­an­der­ge­legt werden, sondern eine stän­dige Entwick­lung, die physisch und zwischen­mensch­lich erleb­bar wird. Ohne beob­acht­bare, hörbare, erfahr­bare Umset­zung hat sie keinen Sinn.Die Arbeit lohnt sich unse­rer Erfah­rung nach. Ob für die Arbeit als Coaches, im Team, als Trainer*innen oder einfach so im Leben: Für ressour­cen­ori­en­tier­tes Arbei­ten und Perspek­ti­ven­wech­sel ist das Kennen der Werte so wich­tig, weil schon die Refle­xion zu ihnen eine Haltung formt. Und die Haltung bedingt die Perspek­tive auf die Welt.

Wir können also verspre­chen, dass Werte­ar­beit etwas verän­dert. Immer. Verän­de­run­gen machen manch­mal Angst und deshalb brau­chen wir auch hier wieder unse­ren Wert der Woche: Mut. Und wissen Sie was? Es lohnt sich.

Wenn Sie Inter­esse daran haben zu erfah­ren, wie sich das hier Beschrie­bene in der Praxis gestal­tet und umset­zen lässt, laden wir sie herz­lich zu unse­rem Meetup “Werte-Work­shop” am 26. März 2020 in unse­ren Büro­räu­men im Prenz­lauer Berg ein.

21. Februar 2020

Knoten­an­ek­do­ten – Einfach mehr denken

Was wir gelernt, worüber wir gelacht und was wir verges­sen haben – und was wir ganz bestimmt nicht noch­mal machen. Jeden Frei­tag frisch aus dem Berli­ner Büro.

Knoten­an­ek­do­ten — Die Frei­tags­ko­lumne vom Netz­werk­kno­ten. Grafik: Karl Bredemeyer

„Was wir so nicht noch­mal machen würden“ ist ein Teil unse­rer Knoten­an­ek­do­ten. Was uns vor Kurzem unter­kam: Die gute alte Idee, viele von uns könn­ten unter Dead­line-Druck gut arbei­ten. (Das ist übri­gens eine der Ideen mit Halt­bar­keits­da­tum – ab dem 25. Lebens­jahr abso­lut ungenießbar.)

Viele Menschen sind durch die verschie­de­nen Statio­nen des Lernens – also Schule, Ausbil­dung oder Studium und Projekt­ar­beit – an einen bestimm­ten Ablauf gewohnt. Grob skiz­ziert sieht der so aus: Große (Be-)Denkzeit, langes Schwei­gen, ran an die Arbeit, Feed­back, Nicken, fertig. Nächs­tes Projekt.

Wir wurden vor Kurzem daran erin­nert, dass das nicht unbe­dingt der opti­male Weg ist. Ein Blog­ar­ti­kel war geschrie­ben, bebil­dert, bereit für die Feed­back­schlaufe. Zeit gab’s nicht so rich­tig. Dafür Impulse, die das Thema vertieft haben und zu einer Umstruk­tu­rie­rung einlu­den. Und da war sie schon, die Dead­line. War stres­sig und nicht opti­mal und erfüllte doch die Krite­rien eines weite­ren Bestand­teils dieser Kolumne:

„Was wir gelernt haben“

  • Feed­back ist kein Haken, den wir artig am Ende einer Aufgabe abfei­ern. Statt­des­sen verflüs­sigt Feed­back poten­zi­ell immer Prozesse. Heißt:
  • Zeit zum Denken soll­ten wir uns nicht nur in der Brain­stor­ming-Phase gönnen. Sondern als festen Bestand­teil im gesam­ten Verlauf eines Prozes­ses mit einpla­nen.
  • Feed­back ist ergeb­nis­of­fen.Manch­mal erhält es den Status Quo und manch­mal rüttelt es alles um. Eine mögli­che Reprio­ri­sie­rung kann immer stattfinden.

Im agilen Arbeits­kon­text kann das heißen, dass nach dem Review sich für den kommen­den Sprint sich tatsäch­lich etwas ändert. Mal eine Story, mal “der ganze Plan”. Und so haben wir an der Erfah­rung wieder aufs Neue verstan­den, dass inkre­men­tel­les Arbei­ten bedeu­tet, dass Ideen immer wieder verfei­nert und ange­rei­chert werden, mehrere Blicke und Perspek­ti­ven sie berei­chern und dass die verschie­de­nen Schlau­fen von Zeit leben. Und zwar sowohl bei sicht­ba­ren Tätig­kei­ten aka jemand sitzt am Laptop und tippt oder am Tablet und visua­li­siert. Und eben auch die Zeit, in der ein Gegen­über nichts passie­ren sieht außer viel­leicht in den Augen. Die Momente also, in dem das Feed­back nach­wirkt, unbe­wusst oder bewusst verar­bei­tet und einge­ord­net wird.

Für viele von uns fühlt sich dieses augen­schein­li­che Nichts­tun oft konter­in­tui­tiv an. Und das alleine ist schon ein Grund, es mal auszu­pro­bie­ren. Komfort­zone, Perspek­tiv­wech­sel und so.

14. Februar 2020

Knoten­an­ek­do­ten – Warum Emotio­nale Intel­li­genz alleine nicht reicht

Was wir gelernt, worüber wir gelacht und was wir verges­sen haben – und was wir ganz bestimmt nicht noch­mal machen. Jeden Frei­tag frisch aus dem Berli­ner Büro

Knoten­an­ek­do­ten — Die Frei­tags­ko­lumne vom Netz­werk­kno­ten. Grafik: Karl Bredemeyer

Wir arbei­ten die ganze Zeit mit Menschen, unser Lieb­lings­kom­pli­ment (hint!) ist: „Ihr seid als Menschen zu uns gekom­men, nicht als Berater*innen.“ Mensch­lich­keit ist unser Wunsch, Ziel und Anspruch. Und einfach unser Arbeits­in­halt. Wir arbei­ten mit Menschen, den ganzen Tag, jeden Tag, immer.

Dabei passiert es, dass man Menschen kennen­lernt. Einige davon. Viel­leicht haben wir oder ihr schon mal den Satz gehört oder benutzt, jemand habe „rich­tig Menschen­kennt­nis“. Seit eini­ger Zeit ist es (zum Glück) ange­sagt, Emotio­nen nicht als lästi­ges Neben­pro­dukt der eigent­li­chen Tätig­keit zu sehen, sondern als Teil und Wegwei­ser mensch­li­chen Seins und Handelns. Emotio­nale Intel­li­genz wurde wich­tig. Gerade Menschen, die mit Menschen arbei­ten, verwei­sen gerne auf ihre Emotio­nale Intel­li­genz als Skill. Die Stim­mung im Raum spüren, nonver­bale Signale einord­nen, wissen, wie andere sich fühlen, gerne geclus­tert unter dem Begriff „Empa­thie.“

Klar, Emotio­nale Intel­li­genz ist ein wich­ti­ger Skill. Gleich­zei­tig bleibt wich­tig, sich nicht auf der eige­nen Wahr­neh­mung auszu­ru­hen. Perso­nen mit feinen Anten­nen haben nicht auto­ma­tisch Fähig­keit, Wahr­neh­mung, Beob­ach­tung und Inter­pre­ta­tion ausein­an­der­zu­hal­ten. Emotio­nale Intel­li­genz alleine ist keine Kompe­tenz, die für sich alleine ausreicht. Eher ist sie eine Unter­stüt­zung, um Kommu­ni­ka­tion auf einer ande­ren Ebene herzu­stel­len. Das ist oft unge­müt­lich, braucht Mut und Proak­ti­vi­tät. Dann kann die soge­nannte „Menschen­kennt­nis“ wirk­lich als Ressource genutzt werden.

Menschen und Situa­tio­nen sind komplex, all unsere Inter­pre­ta­tio­nen und Einschät­zun­gen zu ihnen sind immer subjek­tiv geprägte Hypo­the­sen, die es zu über­prü­fen gilt. Beispiels­weise kann das Bauch­ge­fühl, jemand wolle nicht mit einem reden ja korrekt sein, die Inter­pre­ta­tion „Weil sie mich nicht leiden kann“ aber abso­lut falsch.

Also völlig unab­hän­gig davon, ob wir uns als beson­ders empa­thisch und menschen­er­fah­ren einschät­zen, wir alle müssen immer kurz aus der Komfort­zone raus, das Gespräch suchen, unsere Beob­ach­tun­gen teilen, unse­ren Stand­punkt erklä­ren und uns damit immer ein biss­chen sicht­bar, verwund­bar machen. Nur über den Dialog schafft Emotio­nale Intel­li­genz einen Mehr­wert und verharrt nicht in der Passivität.

Heute im Meeting haben wir über unsere Berufs­wün­sche als Kinder gespro­chen. Mehrere von uns hatten Entdecker*in oder Archäolog*in genannt. Und so wie wir uns als Kinder vorge­stellt haben, wir würden jeden Stein umdre­hen und hinter jede Mauer schauen, um zu sehen, was dahin­ter liegt, so versu­chen wir heute als Coaches, immer wieder in unsere eige­nen Selbst­ver­ständ­lich­kei­ten zu pieken. Zu schauen, was hinter vermeint­li­chen Wahr­hei­ten liegt, was wir eigent­lich meinen mit unse­ren Begrif­fen. Und Werten.

Wenn Sie mit uns über die Bedeu­tung beispiels­weise von Werten spre­chen wollen – am 26.3. spre­chen wir im Rahmen eines Meet­ups darüber, bei uns im Büro. (Anmel­dung)

7. Februar 2020

Knoten­an­ek­do­ten – Gene­ra­tion Why Not: Wofür machen wir das überhaupt?

Was wir gelernt, worüber wir gelacht und was wir verges­sen haben – und was wir ganz bestimmt nicht noch­mal machen. Jeden Frei­tag frisch aus dem Berli­ner Büro

Knoten­an­ek­do­ten — Die Frei­tags­ko­lumne vom Netz­werk­kno­ten. Grafik: Karl Bredemeyer

Das wird kein New Work Post über die nicht mehr so neue Gene­ra­tion Y, die, je nach Verfasser*in beson­ders anspruchs­voll, beson­ders intel­li­gent, beson­ders anstren­gend sei. Auch wenn wir fast alle genau dieser Gene­ra­tion der ab 1980 bis in die Mitte der Neun­zi­ger Gebo­re­nen ange­hö­ren. Wir glau­ben nicht an abso­lute Wahr­hei­ten. Wir lieben Hinter­fra­gen. Wir lieben den Simon Sineks Titel „Start With Why.“ Und, ach was, wir lieben agiles Arbei­ten, sinn­volle Prozesse und bewusste Entschei­dun­gen. Einer unse­rer Lieb­lings­werte im Unter­neh­men ist Sinn­haf­tig­keit. Da liegt nahe, dass wir gerne mal fragen „Warum?“.

Stimmt nicht ganz. Viel lieber als „warum?“ fragen wir „wofür?“. Viel­leicht haben es schon die einen oder ande­ren bemerkt: Wir denken gerne über Spra­che nach, schließ­lich ist sie eines der wich­tigs­ten Werk­zeuge in unse­rer tägli­chen Arbeit mitein­an­der und mit den Kund*innen. Sie bedingt unsere Haltung. „Wofür“ orien­tiert sich am Ziel­zu­stand, behält das gewünschte Ergeb­nis im Blick und beinhal­tet außer­dem die schönste Präpo­si­tion der Sinn­haf­tig­keit, nämlich „für“. Lingu­is­tisch betrach­tet beschreibt „für“ das Förder­li­che einer Sache („Ich mache es für meine Fami­lie“), bezeich­net ein Ziel („Ich spare für die nächste Reise“) und auch Zuge­hö­rig­keit („Ein Job für alle, die Krea­ti­vi­tät leben wollen“).

Toll. Nicht nur für die Gram­ma­tik-Nerds unter uns ist die Frage nach dem Wofür berei­chernd. Sie ist wich­tig in der Kommu­ni­ka­tion mit und über die Mitarbeiter*innen und Arbeits­ab­läufe und macht Prozesse erklär­bar, da sie weni­ger anfäl­lig ist für Recht­fer­ti­gungs­schlau­fen. Beispiel: Auf die Frage, warum ein bestimm­tes Trai­ning sinn­voll ist, ist die Antwort „Weil es vorher über­haupt nicht lief“ möglich.  Ein Umän­dern des Warums in ein Wofür hebelt eine solche, wenig moti­vie­rende Erklä­rung aus und schafft Raum für Refle­xion und Ziel­ori­en­tie­rung. Also zum Beispiel „Weil wir uns wünschen, mit Hilfe von Retros einen besse­ren Über­blick über das Erreichte zu bekom­men und so unser weite­res Vorge­hen sinn­vol­ler gestal­ten wollen.“

Im Übri­gen ist auch der nega­ti­vierte Effekt von Warum und Wofür sehr inter­es­sant. „Warum nicht?“ kann einer­seits einen gekränk­ten Beigeschmack tragen, vergleich­bar mit Kindern, die keine weitere Folge irgend­ei­ner Serie, die Kinder heut­zu­tage gucken, anschal­ten dürfen. Oder den eines resi­gnier­ten Schul­ter­zu­ckens à la „Warum nicht, geh‘ ich halt zu dem lang­wei­li­gen Work­shop, scha­den kann’s ja nicht.“

„Wofür nicht“ ändert dage­gen die komplette Haltung. Um sinn­haft, inten­tio­nal, moti­viert und voraus­schau­end zu entschei­den, ist die Frage nach dem Wofür genauso rele­vant wie die nach dem Wofür nicht. Und sie ist ein notwen­di­ger Reali­täts­check, welche Ziel­zu­stände mit einer Methode erreicht werden können und welche eben nicht.

Diese Kolumne verab­schie­det sich hier­mit bis zur nächs­ten Woche und denkt inten­siv darüber nach, wofür wir bren­nen. Und ist erleich­tert, nicht darüber nach­den­ken zu müssen, warum wir bren­nen, denn das klingt irgend­wie lebens­be­droh­lich. Also ciao, bis nächs­ten Freitag.

24. Januar 2020

Knoten­an­ek­do­ten – Agile ist kein Substantiv

Was wir gelernt, worüber wir gelacht und was wir verges­sen haben – und was wir ganz bestimmt nicht noch­mal machen. Jeden Frei­tag frisch aus dem Berli­ner Büro

Knoten­an­ek­do­ten — Die Frei­tags­ko­lumne vom Netz­werk­kno­ten. Grafik: Karl Bredemeyer

Agile. Tolles Wort. Wer es oft genug benutzt, weiß, welche Wirkung es auf Augen hat: Von erleich­ter­tem Aufblit­zen über Rollen hin zu sich zu Frage­zei­chen krüm­men­den Pupil­len, agile liefert alles. Wir benut­zen das Wort oft genug. Agile ist kein Pony­hof, kein bunter Blät­ter­wald, kein Pflicht­pro­gramm, alles schon besprochen.

Was ist es denn dann? In der vergan­ge­nen Woche haben wir uns viel damit beschäf­tigt, inwie­weit Spra­che Reali­tät schafft. Dabei geht es nicht um einzelne Wörter, die wir weglas­sen und ihre vorge­form­ten Lücken mit neuen füllen. Es geht darum, neu spre­chen zu lernen, neu denken zu lernen. Dafür hilft Gram­ma­tik, da sie das Gerüst bildet, die Muster und Regeln und Formen, inner­halb derer wir Beob­ach­tun­gen struk­tu­rie­ren und weiter­ver­mit­teln können. Dabei dürfen einzelne Wörter manch­mal auch gerne diesel­ben blei­ben. (Wer jetzt nach der vorhe­ri­gen Kolumne auf Erlö­sung hofft: Im Falle von „Aber“ gilt das nicht!)

„Du bist jetzt agile“, hat unser Kollege vor Kurzem über­hört. Kennen Sie jeman­den, der oder die agile ist? Was soll das bedeu­ten, haben wir uns gefragt. Mit der Brille der reali­täts­schaf­fen­den Spra­che und der agilen Annah­men betrach­tet würde das heißen, dass „agile“ ein Adjek­tiv oder Substan­tiv und somit ein fest­ste­hen­der Zustand ist. Das Grund­prin­zip der Mate­rie: Wasser ist Wasser, weil es eben nichts ande­res ist. Wenn ich A bin, kann ich nicht gleich­zei­tig nicht A sein. Ein Hund kann nicht gleich­zei­tig eine Katze sein, ein Kind kein Erwach­se­ner. Soweit sehr logisch. Demzu­folge kann agile schon mal kein Substan­tiv sein, weil wir immer viel mehr sind als das und agile weder als Persön­lich­keits­ei­gen­schaft noch als Iden­ti­tät noch als Zuschrei­bung wirken kann.

Inter­es­san­ter wird es bei der Frage nach Adjek­ti­ven: Eine Erwach­sene kann nämlich sehr wohl kindisch sein, ein Kind sehr erwach­sen. Man kann tatsäch­lich zugleich klug und albern sein, nicht aber klug und nicht klug.

Nun beschreibt Agili­tät eine Form der Arbeits­or­ga­ni­sa­tion, deren Ziel­zu­stand unter ande­rem Flexi­bi­li­tät, Anpas­sungs­fä­hig­keit und schnelle Umset­zung in kurzen itera­ti­ven Zyklen ist. Ein Verständ­nis von agile als Substan­tiv kann schnell dazu führen, dass die Menschen, die – häufig von außen – dazu ermu­tigt werden, das Wort dann als einen Anzug empfin­den, der über sie drüber gegos­sen wird, á la: „Alles, was Du vorher gemacht hast, war Müll. Jetzt bist Du agile.“ Adjek­tive wiederum sind in der Regel stei­ger­bar. Eben­falls ein sehr ungüns­ti­ges Mind­set für erfolg­rei­ches und sinn­vol­les agiles Arbei­ten: „Du bist agiler als Steffi, aber am aller­agils­ten sind natür­lich wir.“ Nee, wirk­lich nicht.

Worauf wir hinaus­wol­len? Nun, wir möch­ten ein Verständ­nis von Agili­tät als eine Form von Haltung und somit Verhal­ten promo­ten. Um bei den gram­ma­ti­ka­li­schen Analo­gien zu blei­ben: Begrei­fen wir agile doch als Verb. (Von verkrampf­ten Neolo­gis­men wie „agilie­ren“ sehen wir beflis­sent­lich ab.) Agile ist also eine Art des Handelns, des Denkens, Spre­chens, Begrei­fens, die aber auch Raum lässt für Mehr­deu­tig­keit, Plura­lis­mus und Heran­ge­hens­wei­sen. Sollte zumindest.


Mit der Annahme, dass Spra­che Reali­tät schafft, hilft uns das Verständ­nis von agile als Verb oder ganz grund­schul­mä­ßig „Tun-Wort“, eine Haltung aktiv vorzu­le­ben und zu vermei­den, dass Menschen sich ohne Rück­sicht auf indi­vi­du­elle Passung in eine metho­di­sche Scha­blone gepresst fühlen. Außer­dem ist es sogar drin­gend nötig, um Perso­nen, die bisher nicht agil gear­bei­tet haben, auf Augen­höhe zu begeg­nen. Und, um Wider­sprüch­lich­kei­ten aner­ken­nen, aushal­ten und gege­be­nen­falls lösen zu können. Ein Beispiel: Wenn eine Person gleich­zei­tig konträre Adjek­tive verkör­pert, zum Beispiel liebe­voll und aggres­siv, ist das mental kaum inte­grier­bar. Wenn sie hinge­gen gleich­zei­tig am Steuer sitzt und bei 120 Stun­den­ki­lo­me­tern durch Insta­gram scrollt, ist das zumin­dest kogni­tiv erfass­bar, sprich: Es lassen sich für konträ­res Verhal­ten Lösun­gen finden. Das Glei­che gilt auch für sämt­li­che Verhal­tens­wei­sen in einer Organisation.

Und, das aller­wich­tigste: Tun, also Verhal­ten ist erlern­bar, verän­der­bar, endlich, erträgt Pausen, Neuver­su­che und beein­flusst, aber bestimmt nicht die eigene Iden­ti­tät. Und mit diesem Ansatz, so verspre­chen wir uns, erfüllt agile und konkret unsere Arbeit, ihren Zweck: Teams dabei zu unter­stüt­zen, sinn­voll, sinn­haft und freud­voll mitein­an­der zu arbeiten.

17. Januar 2020

Knoten­an­ek­do­ten – Schluss mit dem Ge-Aber

Was wir gelernt, worüber wir gelacht und was wir verges­sen haben – und was wir ganz bestimmt nicht noch­mal machen. Jeden Frei­tag frisch aus dem Berli­ner Büro

Knoten­an­ek­do­ten — Die Frei­tags­ko­lumne vom Netz­werk­kno­ten. Grafik: Karl Bredemeyer


Kennen Sie folgende Situa­tion: Ihr Gegen­über sagt etwas. Irgend­et­was. Sie halten das Gesagte für abso­lu­ten Blöd­sinn. (Kennen Sie sicher!) Sie schnap­pen nach Luft, hören die eigene Stimme „Aber, aber …“ sagen und wissen gar nicht, was nach dem „aber“ kommen soll? Ja, haben die meis­ten von uns schon erlebt. Ist nicht schlimm. Bringt halt nicht viel.


Karl Brede­meyer hat diese Woche einen Arti­kel auf unse­rem Blog publi­ziert, der sich gegen die Verwen­dung von „Abers“ ausspricht. Wie er darauf kommt? Klas­si­sche Beispiele sind Ansa­gen wie „Ich finde deine Idee gut, aber…“ oder „Ich will mich ja nicht einmi­schen, aber…“. Nach den Regeln der reinen Logik lösen sich die Satz­teile vor und nach dem Komma im Grunde selbst auf. Entwe­der man will sich nicht einmi­schen und schweigt. Oder man will sich einmi­schen und spricht. Simpel. Und wenn die Idee gut ist, ist sie gut und muss nicht rela­ti­viert werden. „Find ich toll, aber…“ als Einlei­tung einer Kritik ist ledig­lich eine Flos­kel oder ein sehr falsch verstan­de­ner Ansatz gewalt­freier Kommunikation.


Karl schlägt statt­des­sen die Verwen­dung von gleich­zei­tig und und vor. „Es ermög­licht die fried­li­che Koexis­tenz mehre­rer Ideen, ohne einem die Möglich­keit zu nehmen, die eigene Meinung deut­lich zu machen“, sagt er. Fried­li­che Koexis­tenz, das klingt zunächst ganz flau­schig. Wenn Sie versu­chen, mal einen Text ohne „aber“ zu schrei­ben oder sich den Wecker für eine „aber­freie“ Stunde stel­len, werden Sie fest­stel­len, dass es teil­weise fast körper­lich unan­ge­nehm werden kann. Das mag daran liegen, dass sich mit dem stän­di­gen Gebrauch von „aber“ ein dicho­to­mes Welt­bild in unse­rer Sprach­pra­xis äußert. Entwe­der jemand ist gut oder schlecht. Wenn kluge Menschen etwas Dummes tun, hören sie: „Hä, aber du bist doch so schlau.“ Wie oft sagen Nachbar*innen in Inter­views über soeben iden­ti­fi­zierte Gewalttäter*innen, der Mensch sei doch „aber immer so freund­lich gewesen.“

Wert­schät­zung verträgt kein “Aber”

Das Weglas­sen von „aber“ und die Verwen­dung von „und“ ist zunächst so unan­ge­nehm, weil wir gram­ma­ti­ka­lisch und somit auch physisch aushal­ten müssen, dass jemand eben immer freund­lich Guten Tag sagen und gewalt­tä­tig sein kann. Dass ein Projekt berei­chernd und kräf­te­zeh­rend sein kann. Dass Sonnen­schein im Januar die Laune hebt und die Klima­krise genau das Gegen­teil dessen tut.


In der Psycho­lo­gie gibt es das schöne Wort „Ambi­gui­täts­to­le­ranz“. Es bezeich­net die Fähig­keit, Viel­deu­tig­keit und Unsi­cher­heit zur Kennt­nis zu nehmen und ertra­gen zu können. Sozio­lo­gisch gilt die Ambi­gui­täts­to­le­ranz als ein Sozia­li­sie­rungs­er­geb­nis, das in einer Gesell­schaft mit unter­schied­li­chen Bedürf­nis­sen notwen­dig ist. Für unse­ren Kontext als Agile Coaches in der Orga­ni­sa­ti­ons­ent­wick­lung bedeu­tet das: Das Weglas­sen von „Aber“ ist keine rheto­ri­sche Kür, sondern essen­zi­ell für unsere Werte bei der Arbeit mit unse­ren Kund*innen und in unse­rem Team. Wir haben mehr­mals heraus­ge­ar­bei­tet, dass wir Wert­schät­zung als Grund­lage für gelin­gende Arbeit brau­chen und wollen. Dafür benö­ti­gen wir psycho­lo­gi­sche Sicher­heit für alle Betei­lig­ten und eben die von Karl beschrie­bene „fried­li­che Koexis­tenz mehre­rer Ideen“ und gleich­zei­tig die Garan­tie, mit der eige­nen Posi­tion gese­hen zu werden. Wir begrei­fen die Welt und ihre Wertig­keit in Spra­che. Zeigt sich daran, wenn wir aufhö­ren, bestimmte Bezeich­nun­gen als Schimpf­worte zu benut­zen. Oder eben, wenn wir aufs „Aber“ verzich­ten und der Winkel auf einmal wesent­lich größer wird.


Als letz­tes Beispiel muss hier das tausend­fach zitierte Berlin sei “arm, aber sexy” herhal­ten. Was soll das eigent­lich heißen? Dass Sexi­ness Armut kompen­siert? Oder finden wir da die Grund­an­nahme, wer arm ist, könne eigent­lich nicht sexy sein? Wir schla­gen vor: “Arm und sexy.” Hier sehen wir gleich­zei­tig die Ressour­cen, das Poten­zial und die Engpässe. Tauschen Sie die Wörter gegen Zuschrei­bun­gen aus dem eige­nen Kontext und Sie werden sehen: Aber­frei­heit macht die Welt ein wenig komple­xer und (nicht aber!) verviel­facht den Raum der mögli­chen Lösun­gen von Proble­men. Probie­ren Sie’s doch mal aus.


P.S. Die Person hinter dieser Kolumne ist sehr aberis­tisch veran­lagt und hat eigens hier­für auch dieses Wort erfun­den. Und den perfek­ten Aber-Hack von ihrer Urgroß­mutter über­nom­men: Wenn die gefragt wurde, ob sie noch etwas Zucker in ihren papp­sü­ßen Kaffee wollte, strahlte sie übers ganze Gesicht und rief: „Aber ja!“

10. Januar 2020

Knoten­an­ek­do­ten – Warum wir 2020 mit Meet­ups beginnen

Was wir gelernt, worüber wir gelacht und was wir verges­sen haben — und was wir ganz bestimmt nicht noch­mal machen. Jeden Frei­tag frisch aus dem Berli­ner Büro.

Knoten­an­ek­do­ten — Die Frei­tags­ko­lumne vom Netz­werk­kno­ten. Grafik: Karl Bredemeyer

Die Anfänge eines neuen Jahr­zehnts sind immer am anstren­gends­ten. Nicht, weil es wegen einer neuen Zahl hinter der 20 plötz­lich viel mehr zu tun gäbe. Aber über­all – ü‑ber-all – hagelt es Ratschläge, wie die nächs­ten zehn Jahre rich­tig zu begin­nen sind, was zu vermei­den und was zu beach­ten ist. Wir halten es da gerne ein biss­chen realis­ti­scher und dennoch für eine ausge­zeich­nete Idee, das Jahr mit etwas zu begin­nen, das Spaß und Ener­gie bringt. Und zwar für uns und andere. Also haben wir gestern zu uns ins Büro einge­la­den für das Meetup Muster in Orga­ni­sa­tio­nen erken­nen, unter­bre­chen und neu etablie­ren.

Spaß und Ener­gie sind nicht die einzi­gen Gründe dafür. Tatsäch­lich lieben wir Gäste in unse­rem Büro, mit denen wir unser Essen, unsere Getränke und unsere Gedan­ken teilen können. Im vergan­ge­nen Jahr wurden wir immer wieder gefragt, ob wir auch Netz­wer­ke­vents machen. Und dach­ten uns: Wer schon so fragt, kriegt auch Netz­wer­ke­vents. Außer­dem mögen wir Projekte bei uns zu Hause, also in Berlin und haben Lust darauf, die Menschen kennen­zu­ler­nen, die sich mit den glei­chen Themen beschäf­ti­gen wie wir.

Weil wir im Dezem­ber in unse­rer gemein­sa­men Werte­ar­beit heraus­ge­fun­den haben, dass Verbind­lich­keit dabei für uns eine über­grei­fende Rolle spielt, haben wir uns dazu entschie­den, die Meet­ups nicht kosten­los auszu­rich­ten. Mit dem Betrag von 30 € wollen wir unse­ren Beitrag zu dem Wert leis­ten. Unser Raum ist nicht riesig und es wäre schade, wenn wir inter­es­sier­ten Menschen absa­gen müss­ten und dann zu fünft um unse­ren gedeck­ten Tisch säßen. Für die, die auch Inter­esse an unse­rer Ausbil­dung zum Syste­mi­schen Agile Coach haben, wird der Betrag gutgeschrieben.

Der Abend war so schön, dass wir bald ein neues Beisam­men­sein planen. Unsere Kolle­gin Elisa­beth rich­tet dann am 6. Februar 2020 das Meetup Ein Blick in Eure Moti­va­tion und die Eurer Teamkolleg*inne aus. Da wird es dann darum gehen, die eige­nen Werte besser kennen­zu­ler­nen und zu erfah­ren, was diese im Team­kon­text ausma­chen. Wir freuen uns wie ein Schnit­zel, mit unse­ren eige­nen, frisch gedruck­ten Werte­kar­ten arbei­ten zu können. Außer­dem wollen wir vermit­teln, wie sich die Methode dann in Ihre indi­vi­du­el­len Work­shops und Team­ar­beit inte­grie­ren lassen.

Wir freuen uns darauf, bei Wein und Tapas Einblick in unsere Praxis zu geben und uns mit Ihnen über neue Ideen und Kontexte auszu­tau­schen. Aktu­elle Entwick­lun­gen und das Netz­werk finden sie hier. Wir freuen uns auf ein fantas­ti­sches Jahr mit Ihnen und auf eine fette Ladung an Wissen, Austausch und Bewegung

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