Empowerment heißt für mich, Menschen mit verrückten Gedanken ermutigen diese auszusprechen und selbstwirksam umzusetzen. Dabei geht es explizit nicht um vorab definierte „benachteiligte Gruppen“ sondern um uns und unsere KollegInnen. Es geht um jede/n von uns.
Empowerment heißt für mich Dinge, die sonst nicht passiert wären, in die Welt zu bringen. Das Interessante: Diese Dinge- sei es eine Manöverkritik, eine Erfindung, ein Workshop-Konzept- all das liegt schon bereit, traut sich aber noch nicht aus dem Kopf. Vielleicht weil der Bauch grummelt. Vielleicht weil man schlechte Erfahrungen im letzten Gespräch mit den TeamkollegInnen gemacht hat oder sich selbst relativiert und sich sagt, dass der Gedanke vielleicht doch gar nicht so wichtig ist. Ist es die Angst vor Ablehnung oder Widerstand? In spirituellen Kreisen nennen sich Menschen, die anderen helfen ihre inneren Überzeugungen in die Welt zu bringen, auch GeburtshelferInnen oder Hebammen. Das klingt zwar erstmal komisch, aber im Grunde genommen ist da etwas Wahres dran. Mentoren, Coaches und gute Freunde sind oft Teil von Prozessen, die mit der Entwicklung von neuem Leben verglichen werden können. Sie stabilisieren die innerliche Bewegung von außen mit Aufmerksamkeit und Energie. Mit einem guten Gespür und etwas Erfahrung, lassen sich solche Situationen leicht erkennen. Wir haben nach unserem ersten Teil weitere Punkte zusammengestellt, die es im Alltag erleichtern sich gegenseitig bei der Umsetzung von guten Ideen zu bestärken:
1. Ideen Aufmerksamkeit schenken
Wie wichtig es ist dem Gegenüber Zeit zu schenken, klang schon im ersten Teil des Artikels über Empowerment an. Es ist mehr als eine Geste sich an die letzte Begebenheit zu erinnern und Tage später nachzufragen. Aktuell vielleicht eher mit einer Chatnachricht als bei einer Begegnung auf dem Flur.
Genauso von Bedeutung ist es aufrichtige Worte des Lobes zu finden, mündlich oder schriftlich. Beim Kunden vor Ort lege ich gerne einen ausreichenden Vorrat an ausgedruckten Kudo-Karten, für alle leicht verfügbar, bereit. Auch viele Online-Kollaborationstools bieten mittlerweile eine „Danke für…“-Funktion an. Nichts geht über zwei Minuten „Ich fand es mutig, dass Du heute XY getan/ gesagt hast.“ entweder informell oder als Bestandteil eines Check-Outs am Ende eines Meetings vor dem Team.
2. Auch mal mit anpacken
Als Coach im Unternehmenskontext, entsteht manchmal der Eindruck unproduktiver Anhang zu sein. Das sagt selten jemand so direkt. Häufiger erlebe ich Nachfragen von Menschen, mit denen ich nicht unmittelbar arbeite, was ich so mache und was denn meine Aufgaben sind. Die Rolle eines Coaches kennen viele nur aus dem Sport. Und jetzt auf Arbeit? Gehört das jetzt neben dem Großraumbüro auch zur schönen neuen Arbeitswelt? Ich deute solche Fragen als Zeichen von Interesse und folge gerne dieser Gesprächseinladung. Na klar, diese Rolle ist neu und bedarf einiges an Erklärung!
Es gibt aber noch etwas, was ich sehr gerne von Zeit zu Zeit mache: Nicht nur mit Fragen und Antworten, sondern auch organisatorisch zu unterstützen. Wie zum Beispiel den Platz für ein Kanban-Board zu verhandeln und zu schaffen, bei der Konfiguration von Digital-Post-Its zu helfen oder eine Illustration beizusteuern. Servant Leadership, die „dienende Führung“ ist im Rollenverständnis eines Scrum Masters fest verankert. In der Rolle des Agile Coaches kommen diese kleinen Dienste meines Erachtens manchmal zu kurz. Zeitweise im operativen Tun mitzuwirken schafft Nähe, Vertrauen und Wertschätzung. Die Ärmel hochzukrempeln, zeigt, dass auch ich von dem Vorhaben überzeugt bin. Das regt zum Nachahmen an. Es stellt Kontakt zu Menschen her, mit denen ich sonst keine direkte Bekanntschaft geschlossen hätte. Menschen, die ebenso zur Organisation gehören und in ihr wirken. Von ihnen angesprochen und als Gesprächspartner auf Augenhöhe empfunden zu werden, ist für mich ein Zeichen für die Wirksamkeit meiner Arbeit.
3. Empowerment fängt bei Dir an
Als Vorbild zu wirken, kann andere Menschen bestärken ihren eigenen Handlungsspielraum zu erweitern. Vorbild mag sich groß anhören und Du fragst Dich jetzt, wie Du der nächste Robin Hood werden kannst? Es lohnt sich einfach zu fragen, wie Du selbst Offenheit, Mut, Verbindlichkeit, Fokus und Respekt definierst und mit welchen Verhaltensweisen Du es anderen verständlich machst. Zum Beispiel indem Du auf Menschen zugehst, egal ob sie Trainee oder Führungskraft sind. Es geht darum Einstellungen oder Fragen, die Dich ausmachen und eine Stärke von Dir sind, zu äußern. Gesten und Aktivitäten, die die agilen Werte verkörpern und in der Unternehmenskultur noch nicht so stark etabliert sind, auszudrücken.
Dabei bitte nicht vergessen: Nobody is perfect! Vor allem ist Perfektion auf Dauer kaum durchzuhalten. Daher ist es förderlich mit den KollegInnen zu teilen, welche schmerzhaften Erfahrungen man bereits gemacht hat oder welchen aktuellen Herausforderungen man sich selbst stellt. Sich persönlich zeigen zu können, ist genauso wichtig, wie es schwer sein kann. Die eigenen Heldengeschichten in Dauerschleife zu erzählen, kann nämlich kontraproduktiv wirken. Ziel ist es, zusätzliches Vertrauen zu schaffen und die Möglichkeit zu erlangen eigenes Zögern oder Unsicherheiten zu erkennen und zu überwinden. Dafür musst Du nicht eine unternehmensweite Fuck-Up-Session einführen oder jede dieser Veranstaltungen anführen. Kannst Du aber. Für den Anfang reicht es vielleicht erstmal, Anekdoten aus dem eigenen Erleben einzubinden.
4. Dich und andere herausfordern
Man solle sein Glück nicht herausfordern, heißt es. Bist Du ein/e geschätze/r Partner/in für Deine KollegInnen, um Ideen und Entwicklung voranzubringen, sorgt das für Harmonie und Wohlbefinden auf beiden Seiten. Damit wirst Du schon vieles erreichen. Für alle, die sich damit wohlfühlen: Bleibt dort bitte nicht stehen! Nutzt dieses gegenseitige Vertrauen, um behutsam die Komfortzone auszudehnen. Mit Perspektivenwechseln “Wie wäre es, wenn…” oder „Wie würdest Du das Deiner Kollegin sagen?“, kannst Du wohlwollend stellvertretend andere Sichtweisen einnehmen. In einem “Rollenspiel” kann ich meinen Coachee, Mentee oder Freund im sicheren Raum herausfordern und für die Realität wappnen, in dem wir z.B. nachstellen, wie sie oder er auf ein negatives Feedback reagiert und damit arbeiten.
Von Zeit zu Zeit ist es als Agile Coach und Wegbegleiter/in Deine Aufgabe Gedanken- oder Verhaltensmuster, die Du auf individueller Ebene oder in Gruppen beobachtest, offen anzusprechen. Wie weit Du dabei gehst ist oft eine Gewissensfrage und hängt auch von der Bereitschaft Deines Gegenübers ab. Wie grundsätzlich beim Thema Feedback, darfst Du da Deinen Werte Mut und Respekt aktivieren und testen, bis wohin sich der aktuelle Lernhorizont streckt.
Findest Du Dich in dem Artikel wieder und möchtest Deine Fähigkeiten ausbauen andere Menschen in Ihrer Arbeit wirksam zu ermutigen? Dann komm gerne zu unserem Online-Infoabend zur Ausbildung Systemischer Agile Coach vorbei oder lerne die Reflektions-Methode „The Work“ in der kommenden Woche kennen.
Hast Du den Eindruck gewonnen, dass in Deiner Organisation jemand fehlt, der die Menschen beim Umsetzen unterstützt? Dann kannst Du Dich hier mit uns in Verbindung setzen. Wir sind erfahren als Agile Coaches uns in kurzer Zeit in einen neuen Kontext einzubringen und Eure Arbeit voranzubringen. Wir führen auch Trainings zum Thema „Agile Mindset“ durch und bieten individuelle Coachings an.