Erinnern Sie sich an die letzte Situation, in der Ihr Mut gefragt war?
Stellen Sie sich etwas vor wie: Eine/r Ihrer KollegInnen äußert in einem hochrangigen Meeting eine provokante These, die den Status Quo hinterfragt. Die Stimmung kocht hoch, die Mehrheit der Anwesenden reagiert empört bis verächtlich auf den Einwand — und Sie? Sie sitzen mit klopfendem Herzen da, weil Sie der kontroversen Ansicht innerlich zustimmen undsieebenso fürüberdenkenswerthalten. Wann ist der Moment gekommen, an dem Sie allen offenbaren, dass auch Sie sich dafür aussprechen, das Thema kritischer zu betrachten? Gehen Sie das Risiko ein, von Ihren KollegInnenverlacht zu werden?
Bei der Betrachtung für Erfolgsfaktoren von Veränderungsprozessen richtet sich der Blick oft zunächst auf den oder die Initiator/in und welche Eigenschaften diese Person mitbringt, um Neues erfolgreich zu machen. Aber wie entsteht Veränderung? Aus einer Äußerung oder Handlung einer Protagonistin oder eines Protagonisten?
Derek Sivers führt in seinem TED-Talk 2010 anhand eines unterhaltsamen Festivalvideos vor Augen, was und wen es braucht, um eine Veränderung anzustoßen, und wie der Funke auf andere Menschen überspringt, sodass sie ihre Bedenken, Bequemlichkeit oder Scham überwinden, um “loszulegen”. Dabei bringt er die These auf, dass die Ersten, die sich einer Idee oder Meinung anschließen, eine unterschätzte Rolle in der Führung von Veränderungsprozessen einnehmen. Diese “First Follower” sind in den Augen Sivers für den Prozess die eigentlichen Helden: “Wenn der/ die Initiator/in der Zündstoff ist, ist die Person, die sich anschließt, der Funke, der das Feuer entzündet.” (“If the leader is the flint, the first follower is the spark that makes the fire.”)
“Wenn Du eine einsame Nuss siehst, die etwas Tolles macht: Habe den Mumm, die erste Person zu sein, die auf steht und mitmacht.” (“When you find a lone nut doing something great, have the guts to be the first person to stand up and join in.”)
Sivers sagt, dass die zweite Person, die sich anschließt, den Wendepunkt darstellt, da sie wiederum “beweist”, dass der erste Follower offenbar eine gute Entscheidung getroffen hat (“The second follower is a turning point: it’s proof the first has done well.”). In der Long Version seines Festivalvideo-Beispiels gibt es immer wieder Menschen, die Interesse zeigen, aber nicht die Stimmung erzeugen, weitere anzustecken. Sie laufen vorbei, kopieren eine Bewegung, lassen sich filmen und gehen zu ihren FreundInnen zurück. Der „ausschlaggebende First Follower”, der den entscheidenden Impuls setzt, weitere zu motivieren, bringt scheinbar andere Qualitäten mit. Welche sind das? Reicht allein der Fakt, dass er nicht der Erste ist, der die Passivität der Masse durchbricht? Liegt es an seiner Motivation, wirklich mitzumachen und Spaß zu haben, statt nur für einen kurzen Moment eine Mutprobe zu bestehen und sich auf dem Video mit einem witzigen Typen zu verewigen? Oder besteht seine Qualifikation darin der Trendsetter in einer Gruppe vieler Freunde zu sein, dessen Verhalten gerne kopiert wird?
TAKE AWAY 1: Eine Lerche macht noch keinen Morgen
Vielleicht ist es auch erst die dritte oder vierte Person, die den anderen signalisiert, dass das Risiko tragbar ist? Ein Einzelner, der sich anschließt, löst in den meisten Fällen auch noch keine Bewegung aus. Dennoch sind es neben fördernden Rahmenbedingungen vor allem Menschen, die als Katalysator für Veränderungen wirken. Wiederholte Nachahmungen formen den Prozess. Veränderungen werden real, wenn sie ausprobiert oder umgesetzt werden und damit für andere sicht- oder spürbar sind.
Daher setzt der Netzwerkknoten auf Pilotprojekte und menschennahe Begleitung im Prozess statt auf Standard-Konzepte und Power-Point-Präsentationen.
TAKE AWAY 2: Ähnlichen Menschen vertraut man schneller
“Menschen, die A kauften, kauften auch B” kennen Sie. Und sicher hören sie lieber den Rat eines Menschen, der ihnen schon einmal einen hilfreichen Tipp gegeben haben. Was heißt das nun für Veränderungsprozesse? Dass es sich lohnt, darüber nachzudenken, wen man in das initiale Team eines Veränderungs- oder Organisationsentwicklungsprozesses wählt und Menschen identifiziert, die für sich nicht nur untereinander ergänzen, sondern auch zu unmittelbaren und strategischen Stakeholdern Verbindungselemente aufweisen. Menschen, mit denen man fachliche Standpunkte, Werte, vorherige Projekterfahrung oder persönliche Gemeinsamkeiten miteinander teilt, scheinen vertrauenswürdiger und erhöhen damit die Wahrscheinlichkeit, dass ihnen nachgeahmt wird oder man sich von ihnen überzeugen lässt.
Für uns ist es auch nach der Auftragsklärung wichtig, Team und Stakeholder in einem moderierten Rahmen miteinander in Kontakt zu bringen, um die Leitmotive des Gegenübers (neu) kennenzulernen und gemeinsame Ziele zu definieren. Idealerweise gibt es bereits zu Beginn der Zusammenarbeit auch die Möglichkeit sich auch auf persönlicher Ebene besser kennen- und schätzen zulernen.
TAKE AWAY 3:Mutig sein hört nicht auf
Ist das Ziel, andere an einem neuen Prozess zu beteiligen und eine gemeinsame Richtung zu finden, so bedeutet das höchstwahrscheinlich auch, dass Verhalten hinterfragt und neu erlernt werden muss. Die Anpassung der Gewohnheiten liegt jedoch keinesfalls nur bei den NachahmerInnen! Motivation und Wissen quasi “Open Source” weiterzugeben, ohne selbst daran festzuhalten sind die nächsten Zutaten für ein erfolgreiches Veränderungs-Rezept. Denn zur Veränderung gehört auch, dass die “MitmacherInnen” vielleicht andere Zutaten hinzufügen oder das Rezept anpassen. Um eine weitreichende Bewegung zu schaffen, braucht es einen Ideengeber, der fähig ist, aus der Hand zu geben. Sein “Dienst an der Gesellschaft” ist mit der positiven Resonanz nicht beendet, sondert fängt gerade an. Und gibt er anderen nicht die Freiheit, seine Idee, das “Was”, zu adaptieren und das “Wie” individuell auszugestalten, wird der Wirkungsgrad der Unternehmung begrenzt sein.
Zu unseren Aufgaben gehört es daher nicht nur, das Team “fit zu machen”, sondern auch ProductOwner und Führungskräfte in Ihrer neuen Rolle zu begleiten.
TAKE AWAY 4:Die initialen Followerwerden zu “neuen Leadern” im Prozess
“Eine Bewegung, eine Veränderung muss öffentlich passieren. Stellt sicher, dass bisher nicht Beteiligte die Menschen sehen, die sich anschließen — nicht die Person, damit begonnen hat”, rät Sivers:
“A movement must be public. Make sure outsiders see more than just the leader. Everyone needs to see the followers, because new followers emulate followers — not the leader.”
Einerseits muss der oder die “Vortänzer/in” über eine Portion Übermut verfügen und die Bereitschaft zeigen, ein Risiko einzugehen. Dazu gehört, wie in Takeaway 3 beschrieben, auch die beidseitige Bereitschaft, loszulassen und die Offenheit, die Vorstellung gemeinsam neu zu modellieren. Außerdem ist auch ein Selbstverständnis der Intiatorin/ der Initiators nötig, welches zulässt, Aufmerksamkeit und Verantwortung abzugeben. Vielleicht hatte er oder sie gerade noch ein absolutes Adrenalin-High aus der eigenen Idee und zusätzlich noch der Resonanz der anderen dafür. Trotzdem heißt es nun, Wissen zur Verfügung zu stellen und andere darin zu bestärken, selbst die Rolle einzunehmen, mit eigenen Vorstellungen voranzugehen. Will unser/e Vortänzer/in, dass der Spirit seiner Tanzmoves auch in anderen Städten weiterlebt, muss er anderen begreiflich machen, was es heißt, Vorschusslorbeeren zu erbringen. Will er oder sie, dass es mehr TänzerInnen auf dieser Welt gibt, gilt es, von der InitiatorInnen in die MentorInnenrolle zu wechseln, um andere zu befähigen. In unserem Beispiel heißt das: Neue TänzerInnen ausbilden.
Auch der Netzwerkknoten bildet aus! Neben unserer Ausbildung zum Systemischen Agile Coach geben wir auch verschiedene Trainings. Selbstverständlich konzipieren wir auch Workshops nach Ihren Bedürfnissen. Nehmen Sie gerne unverbindlich Kontakt mit uns per E‑Mail oder Telefon auf. Wir freuen uns Sie kennenzulernen!