Wer etwas auf sich hält, macht Strategie, die anderen setzen um. Nicht umsonst wird Strategieberatung noch immer als die Königsklasse der Managementberatung angesehen, auch wenn schwarze Schwäne wie die Coronakrise das Geschäftsmodell ordentlich ins Wanken bringen. In dieser Miniserie unternehme ich den Versuch, für mich selbst einen Knopf an den Strategiebegriff zu bekommen. Da ich die Erfahrung gemacht habe, mit dem Großteil der Fragen, die mich so umtreiben, nicht allein zu sein, möchte ich euch gerne auf diese Reise mitnehmen.
Warum beschäftige ich mich mit dem Thema? Der Begriff Strategie wird meines Erachtens so inflationär benutzt, dass ich mal genauer hinschauen wollte um zu klären, was er eigentlich bedeutet. Zur Unterstützung habe ich eine Feldstudie von Henry Mintzberg herangezogen. Mintzberg hat verschiedene Ansätze zur Strategie-Definition analysiert und bietet in seinem Buch Strategy Safari ganze zehn Perspektiven auf dieses Thema. Das hier ist also der Versuch, sowohl mir als auch der interessierten Leserschaft eine Unterscheidung zu ermöglichen wenn es darum geht, Strategien zu erarbeiten oder zu einzuordnen. Um es etwas leichter verdaulich zu gestalten, werde ich die zehn Ansätze auf fünf Blogartikel aufteilen, die ihr in den kommenden Wochen lesen könnt.
1. Die Design School
Die Design School beschreibt eine, vor allem in den 80er Jahren besonders verbreitete Perspektive auf Strategie: Im Kern geht es darum, die Stärken und Schwächen einer Organisation den im Markt befindlichen Chancen und Risiken gegenüberzustellen und entsprechende Handlungsfelder zu definieren. Diese Handlungsfelder werden anschließend evaluiert und dann, abhängig vom Ergebnis dieser Evaluation, in die Formulierung der Strategie überführt. Für die Evaluation werden folgende Parameter herangezogen:
- Konsistenz: Die einzelnen Ziele der Strategie dürfen sich nicht widersprechen
- -Konsonanz: Die Strategie muss eine adaptive Antwort auf die Marktbedingungen sowie deren kritisches Veränderungspotential bereithalten. Zu diesen Veränderungen gehören Veränderungen der Gesellschaft, der Regierung, der gesamtwirtschaftlichen Lage, des Wettbewerbs, der Zulieferer und des Marktes
- Vorteil: Die Strategie muss die Behauptung oder das Etablieren eines Wettbewerbsvorteils in dem definierten Handlungsfeld ermöglichen
- Machbarkeit: Die Strategie darf weder vorhandene Ressourcen überstrapazieren noch unlösbare Folgeprobleme verursachen.
Zu den Grundannahmen dieser Herangehensweise gehört, dass das Formulieren einer Strategie ein intellektuell hoch anspruchsvoller Prozess ist. Die Fähigkeit, Strategien zu entwerfen, muss erlernt werden und ist, in der Regel, dem Top Management vorbehalten.
Darüber hinaus ist Strategie bestenfalls simpel formuliert, einzigartig, um der Individualität der jeweiligen Situation gerecht zu werden und vollständig, also ohne Spielraum für inkrementelle Weiterentwicklung. Aus dem Anspruch an die Vollständigkeit ergibt sich bei aller Beliebtheit dieses Ansatz auch einer der größten Kritikpunkte: der Mangel an Raum für Lernerfahrungen und deren Integration. Daran anknüpfend – und dieser Kritikpunkt wird auch in den weiteren Strategie-Schulen immer wieder laut – fehlt diesem Ansatz eine wirksame Verbdinung von Formulierung und Umsetzung der Strategie. Der wertvollste Beitrag der Design School liegt in der expliziten Verbindung von Möglichkeiten im Markt mit den internen (Un-)Fähigkeiten, diese Chancen für sich zu nutzen.
2. Die Planning School
Die Planning School ist, laut Mintzberg, der Design School sehr ähnlich, was die Orientierung an äußeren Chancen und Risiken sowie inneren Stärken und Schwächen angeht. Der grundlegende Unterschied liegt darin, dass Vertreter der Planning School, wie der Name vermuten lässt, sehr großen Wert auf die sorgfältige Planung in den einzelnen Bereichen legen: …take the SWOT model, divide it into neatly delineated steps, articulate each of these with lots of checklists and techniques, and give special attention to setting objectives in on the front end and the elaboration of budgets and operating plans on the back end.”
Im Ergebnis bedeutet das, dass eine Strategie erst dann implementiert wird, wenn für alle betroffenen Bereiche ein entsprechender strategischer Plan vorliegt. Neben einer ganzen Reihe von Kritikpunkten an diesem Ansatz, hebt Mintzberg vor allem hervor, dass es schlicht unmöglich sei, die Zukunft vorherzusagen — ein Ziel, dass Vertreter der Planning School durchaus für sich in Anspruch nahmen, da ihnen die semantische Trennung von Ziel und Plan wichtig zu sein schien. Ein zweiter schwerwiegender Kritikpunkt ist die mangelhafte Übersetzungfähigkeit aus der strategischen in die operative Ebene. Die Unfähigkeit zur Übersetzung stamme wiederum von der großen Distanz, die das obere Management zum täglichen Geschäft eingenommen habe.
Mintzberg, das wird deutlich, ist kein großer Freund der Planning School: “We conclude that strategic planning has been misnamed. It should have been called strategic programming. And it should have been promoted as a process to formalize, where necessary, the consequences of strategies already developed by other means.”